rächzen   Wundersam sind die Augen des Neides. Viel haben sie vom Hören: Sie würden lieber nicht so viel sehen, wie sie sehen. Weil sie am klarsichtigsten sind, sah man sie nie heiter; und wenn man von ihnen auch sagen konnte, daß sie immer gut sahen, so galt« dies nie mehr als zu der Zeit, da sie mit den Augen aller Vögel jenes geflügelte Wunder der Schönheit sahen: Junos Pfau. Sie sahen ihn, die Feder-Sonne, mit so vielen Strahlen aufgehen, wie er Gefieder in seinem glänzenden Rad entfaltet.

Das Sehen geht da in Bewunderung über, wo es leidenschaftslos bleibt - falls nicht, kommt es herab und verwandelt sich, wenn es zum Wetteifer nicht reicht, in die Schwachheit des Neides. Sie erblindeten also vor lauter Sehen. Die Krähe fing an mit dem Schimpfen: die Schlimmste, seit sie so schmählich Federn ließ. Sie ging von einem zum anderen und hetzte sie alle auf, die Adler auf ihren Felsen, die Schwäne auf ihren Teichen, die Sperber auf ihren Stangen, die Hähne auf ihren Misthaufen, nicht zu vergessen die Uhus und Eulen in ihren düsteren Dachkammern.

Sie begann mit einem hinterhältigen Lob und schloß mit einer ausgesprochenen Verleumdung: »Schön und galant«, sagte sie, »ist der Pfau; man kann es nicht leugnen; doch alles verspielt er, sobald er es affektiert. Denn das größte Verdienst verliert an dem Tage seinen Adel, an dem es sich selbst erkennt - ich sage nicht einmal: sich zu erkennen gibt — und verkommt zur Leichtfertigkeit. Lob aus eigenem Munde ist der sicherste Tadel; immer sprechen die, welche es am meisten verdienen, von sich am wenigsten. Schön war Fabulla, anmutig und verständig und vor allem ein Mädchen; doch all dies gab sie auf, sang der Schwan von Bilbilis, als sie versuchte, sich herauszuputzen. Ich persönlich meine, daß der Adler, wenn er seine königlichen Federn zeigte, Beifall für Majestät und Würde ernten würde. Ach, selbst der Phönix, einzigartiges Staunen des Erdkreises, verabscheut diese höchst vulgäre Zurschaustellung und lebt um so geachteter in seiner ebenso klugen wie anerkannten Zurückgezogenheit.«

Sie hörte nicht auf, auf diese Art Neid zu säen, und am meisten in enge Herzen, die sich mit allem leicht füllen. Der Neid haftet gut, immer findet er etwas, um sich festzuhalten, und sei es auch eingebildet; er ist ein äußerst grausames wildes Tier, das mit fremdem Gut dem eigenen Herrn so viel Schaden zufügt. Er begann, das Innere aufzuzehren, zur größeren Qual oder um alle Menschlichkeit daraus zu vertreiben. Alles verschwor sich, um die Schönheit des Pfaus wenn nicht zu zerstören, so doch ihr den Glanz zu nehmen. Sie gingen mit List vor und dosierten fein ihre Bosheit, die nicht gegen seine Schönheit, sondern gegen seine Aufgeblasenheit gerichtet war: »Denn wenn wir erreichen«, sagte die Elster, »daß er mit seinen Federn nicht so abstoßend großtun kann, verderben wir ihm gänzlich seine Schönheit.«   - (welt)


Neid Stimme Krähe

 


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