hönix  Unser Herr Jesus Christus spricht in dem göttlichen Evangelium: Ich habe Macht, mein Leben zu lassen, und habe Macht, es wiederzunehmen. Und die Juden waren über dieses Wort unwillig.

Nun gibt es fürwahr in Indien einen Vogel, der wird Phönix geheißen. Ist aber der Phönix ein noch lieblicherer Vogel als der Pfau; denn des Pfaues Flügel schimmern von Grün und Gold, die des Phönix aber von Hyazinth und Smaragd und kostbarem Edelgestein, und ein Krönlein trägt er auf dem Haupte und eine Kugel hat er zu seinen Füßen gleich einem König.

Aber jeweils alle fünfhundert Jahre macht er sich auf zu den Zedern des Libanon, und da füllt er sich seine Flügel ganz an mit Wohlgerüchen und dies zeigt er dem Priester der Sonnenstadt an, im neuen Monat, das heißt im Phamenoth, oder im Pharmouth. Der Priester, dem dies angezeigt ist, geht hin und schichtet auf dem Altar Holz vom Weinstock hoch auf. Der Vogel aber kommt zur Sonnenstadt, vollbeladen mit Wohlgerüchen, und stellt sich oben auf den Altar, und das Feuer erfaßt ihn, und er verbrennt sich selbst. Und der Priester, wenn er am folgenden Tage den Altar durchsucht, findet er einen Wurm in der Asche. Und am zweiten Tage wachsen ihm Flügel, und man findet ihn als ein Vogel-Junges. Am dritten Tage aber findet man, daß er wieder so geworden ist wie ehedem. Und er grüßt feierlich den Priester, und fliegt hoch, und ziehet von dannen nach seiner alten Stätte.

Wenn nun dieser Vogel Macht hat sich selbst zu töten und lebendig zu machen — wie nur sind die unverständigen Menschen unwillig darüber, daß unser Herr Jesus Christus spricht: Ich habe Macht, mein Leben niederzulegen, und ich habe Macht, es wieder aufzunehmen?

Denn der Phönix nimmt das Antlitz unseres Heilandes an. Hat er doch vom Himmel herab gebracht die beiden Schwingen voll Wohlgeruchs, das ist: voll heilsamer himmlischer Worte, damit wir im heiligen Gebet die Hände ausstrecken und geistlichen Wohlgeruch nach oben senden in Gestalt eines gut geordneten Gemeindelebens.

Wohlgesprochen also hat der Physiologus über den Phönix. - (phys)

Phönix (2) Es gibt aber noch einen andern heiligen Vogel, der heißt  Phoinix. Ich allerdings hab ihn nicht gesehen, außer im Bild. Er kommt ja auch nur selten zu ihnen, alle fünfhundert Jahre, wie die Leute von Heliopolis sagen. Dann komme er, behaupten sie, wenn sein Vater stirbt. Er hat aber, wenn er in Wirklichkeit so aussieht wie auf dem Bild, diese Größe und Gestalt: Teils sind seine Schwingen golden, teils rot; im Umriß ist er am ehesten einem Adler ähnlich und auch in der Größe. Dieser Vogel treffe nun folgende sinnreiche Anstalten, erzählen sie, doch kann ich's nicht glauben: Er komme aus Arabien hergeflogen und bringe seinen Vater in das Heiligtum des Helios, in Myrrhen eingehüllt, und bestatte ihn im Heiligtum. Er bringe ihn aber so: Zuerst forme er aus den Myrrhen ein Ei, so groß er es tragen könne, und dann probiere er, ob er es tragen kann, und wenn er das ausprobiert hat, dann höhle er das Ei aus und tue seinen Vater hinein und stopfe mit weiteren Myrrhen die Stelle zu, wo er's ausgehöhlt und seinen Vater hineingetan hat, und ist der Vater drin, hat es das gleiche Gewicht, und hat er es zugestopft, so bringe er ihn nach Ägypten in des Helios Heiligtum. Das wär's, was sie vom Tun dieses Vogels erzählen. - (hero)

Phönix (3)

Einen Vogel gibt es, der selbst sich erzeugt und erneuert.
Phœnix nennt der Assyrier ihn. Er lebt nicht von Frucht und Kräutern,
sondern von Zähren des Weihrauchs, vom Saft des Amomum.
Hat seines Lebens fünf Jahrhunderte dieser erfüllt, dann
baut er sich selbst mit den Klaun und dem reinen Schnabel ein Nest im
Eichengezweig oder auch im Wipfel der schwankenden Palme.
Hat er Casia dort und die Ähren der schmiegsamen Narde,
gelbliche Myrrhe dazu und gestoßenen Zimt unterbreitet,
bettet er selbst sich darauf und endet in Düften sein Leben.
Hier, so sagt man, entsteht aus dem Leibe des Vaters ein kleiner
Phœnix, dem ebensoviel an Jahren zu leben bestimmt ist.
Hat sein Alter dem die Kraft es zu tragen verliehen,
löst er des hohen Baumes Gezweig von der Last seines Nestes,
trägt seine Wiege — und das Grab seines Vaters — er fromm, und
wenn durch die flüchtige Luft er die Stadt Hyperions erreicht hat,
legt er am heiligen Tor des Sonnentempels es nieder.

- (ov)

Phönix (4)  Er drückte sich auf seinem Ruhebett das Rasiermesser schräg seitlich in den Hals, richtete sich auf seinem Lager auf und begann mit steifem Hals seinen nackten Schädel und sein durchscheinendes Gesicht, das schon den Tod in sich trug, von rechts nach links zu wiegen wie eine Seidenraupe, die hochgeht, um sich einzuspinnen. Und der blutige Seidenfaden der Schlagader wob durch dieses Hin und Her auf dem plötzlich greisenhaften Körper und den Kissen, die weiß waren wie ein Bart, sein purpurnes Leichentuch.

Dann wurde der in Amiant gehüllte Leichnam an die Stelle ohne Bäume überführt - ohne andere Bäume als die dürren Stämme des Sandelholzscheiterhaufens, deren exotische Dryaden ihrem Herrn in den gelben Orkus vorangegangen waren. Die Flamme umkrallte den verhüllten Kadaver, der einem goldenen Ei glich, wie auch der Kokon immer dunkler wird, bis sein Bewohner am Ende des Fadens, im abgelegensten Saal seines Labyrinthes, wo er sich am Ziel weiß, als Mumie einschläft. Dann öffnete sie sich und erblühte hoch und prunkvoll wieder ausgestoßene Atem, der eingezogene Atem, der zerfaserte Atem, der beschleunigte Atem und der vereinigte Atem aller Bäume, aller Bücher, aller Statuen, Edelsteine und Stoffe, und schlug empor, als habe sich unter dem gelben Schädel und im aufgeblähten Bauch des Asiati-cus der ganze Orient zusammengeballt. Und ihre Spannweite war deutlich die des Phönix, der ein wirklicher Vogel ist, den man in Ägypten hat sehen können (der letzte Phönix wurde unter Tiberius geboren), und ein Symbol für die Wiedergeburt der Künste nach astronomischen Zyklen, berechnen doch die Weisen die Perioden, wo er sich verbrennt und wiederaufersteht. Die langen, aus ihren trockenen Hüllen gezogenen Fingernägel der Flamme hoben auf einem Schild - so richten sich in den Zeiten der Liebe die Schwanzfedern der Vögel auf - den Amiantsack hoch, den Leere, Knochenstaub und Seele aufplusterten, und mythisch flimmernde Federn ergriffen den Leichnam ihres Vaters und trugen ihn dem Ritus gemäß aufwärts, der orientalischen Sonne entgegen. - (mes)

Phönix (5)  28. Unter dem Konsulat des Fabius Paulus und L. Vitellius erschien in Ägypten nach einer Pause von vielen Jahrhunderten wieder der Vogel Phönix. Das gab den gelehrten Ägyptern und Griechen Gelegenheit, sich ausführlich über dies Wunder auszusprechen. Die Anschauungen, die von allen geteilt werden, auch die vielfach strittigen, aber immerhin wissenswürdigen, will ich hier mitteilen. Alle Beschreibungen des Vogels kommen darin überein, daß er der Sonne heilig ist und in der Bildung des Schnabels und der Farbe des Gefieders von allen anderen Vögeln abweicht. Über die Länge der Zwischenräume, in denen er erscheint, gehen die Ansichten auseinander. In der Regel nimmt man 500 Jahre an; andere jedoch versichern, daß es 1461 Jahre seien. Vorher sei er schon dreimal erschienen, das erste Mal unter der Regierung des Sesosis, das zweite Mal unter der des Amasis, schließlich unter der des Ptolemäus, des dritten aus mazedonischem Geschlecht. Nach der Stadt, die den Namen Heliopolis führt, sei er geflogen, von vielen anderen Vögeln begleitet, die sich über sein ungewöhnliches Aussehen wunderten. Über die alten Zeiten weiß man nun freilich nichts Sicheres; zwischen Ptolemäus und Tiberius jedenfalls liegt ein Zwischenraum von noch nicht 250 Jahren. Daher hielten manche den jetzigen Phönix nicht für den echten, aus Arabien stammenden. Er habe auch all das, was die alte Überlieferung von ihm erzählt, nicht getan. Wenn nämlich die Zeit des Phönix erfüllt ist und er sterben muß, baut er in seinem Heimatlande ein Nest und läßt einen Samen hineinfließen, aus dem ein junger Vogel entsteht. Sobald dieser erwachsen ist, ist seine erste Sorge, den Vater zu bestatten. Er tut das mit vernünftiger Überlegung, belädt sich erst mit Myrrhen in großer Menge, übt sich, diese Last eine große Strecke weit zu tragen, hebt, wenn er der Last und damit der Reise gewachsen ist, die Leiche seines Vaters empor, trägt sie bis zum Altar des Sonnengottes und verbrennt sie dort. Das sind nun ungewisse, märchenhaft ausgeschmückte Berichte, doch daß dieser Vogel von Zeit zu Zeit in Ägypten gesehen wird, steht außer Zweifel.

In Rom dauerte das Morden fort, Pomponius Labeo, der Statthalter von Mösien, öffnete sich die Adern und verblutete. Seine Gattin Paxaea folgte seinem Beispiel. Derartige Selbstmorde lagen für jeden nahe, der den Henker zu fürchten hatte. Dem Verurteilten wurde das Familienvermögen genommen und die Bestattung verweigert. Wer sich freiwillig zum Tode entschloß, wurde beerdigt, und sein Testament blieb in Kraft. Es war der Mühe wert, sich zu beeilen!  - (tac)

Phönix (6) Eine winzige mausgraue Katze und eine Maus (oder ein anderes Nagetier?) von genau gleicher Größe, die sich belauern. Diese beiden Tierchen, die sich kampfbereit gegenüberhocken, sind in Wirklichkeit ein Vogel mit einem Schnabel, fast so groß wie der eines Pelikans (er zeichnet sich als Silhouette ab oder als Gestell aus Eisendraht, das mit wenigen Barthaaren oder Flaumfedern versehen ist), ein geflügeltes räudiges Tier, das fast nur noch aus seiner Skelettstruktur besteht und damit beschäftigt ist, sein eigenes Gefieder aufzufressen, das soeben verbrannt ist. Groteskes Bild eines Phönix, der durchsichtig wurde, weil er sich von seinem eigenen Scheiterhaufen ernährt hat.  - (leiris)

Phönix (7)

Phönix mit neun Jungen - in China ein glückverheißendes Symbol. Neun als die Potenz von drei ist eine sehr starke Yang-Zahl. Der Phönix (feng-huang) gilt einigen Interpreten als die symbolisierte Vereinigung des männlichen (feng) und des weiblichen Bestandteils (huang); für andere ist es das mythische Tier des Männlichen schlechthin.

- (zahl)


Fabeltiere Wiedergeburt

 

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