Jakob Sprenger, Heinrich Institoris, Der Hexenhammer. München 1985 (dtv klassik,
zuerst 1487)
Bosheit (2) Er schielte nach innen (wie seine verblichene Mutter zu sagen pflegte), ein konvergenter Strabismus, der ihm das Aussehen eines Besessenen gab, eines gefährlichen Typen, der er ja auch war (wie Dr. Bunge berichtet).
Dorda hat also den perfekten Gesichtsausdruck jener Gruppe von Subjekten,
die er repräsentiert (fügt Dr. Bunge hinzu), ein krimineller Irrer, der mit
nervösem Lächeln handelt, engelhaft und gefühlskalt. Als er klein war, überraschte
ihn die verstorbene Mutter, als er eine lebende Henne mit einem Schurapparat
entzweischnitt, und sie zog ihn an den Ohren und zerrte ihn auf die Polizeiwache,
seine verblichene Mutter, damit sie ihn einsperrten, drüben in Longchamps, sie
holte ihn aus dem Hühnerstall und schickte ihn schnurstracks
in den Knast. »Meine eigene Mutter«, stotterte er und
wußte nicht, ob er sie verfluchen oder ihr danken sollte für den Versuch, ihm
sein Leben geradezurichten. »Die Bosheit«, sagte Dorda, er redete viel zu schnell
wegen dieser Mischung aus Ampheten und Koks, »Bosheit ist nichts, was man absichtlich
macht, sondern ein Licht, das kommt und dich mitnimmt.«
- Ricardo Piglia, Brennender
Zaster. Berlin 2001
Bosheit (3) Böse Menschen müssen das Böse aus
Haß gegen die Bösen thun. Sie halten alles für böse - und dann ist ihr zerstörender
Hang sehr natürlich - denn so wie das Gute das Erhaltende, so ist das Böse das
Zerstörende. Dies reibt sich am Ende selbst auf, und widerspricht sich sogar
im Begriff, dahingegen jenes sich selbst bestätigt und in sich selbst besteht
und fortdauert. Die Bösen müssen wider ihren, und mit ihrem Willen zugleich
böse handeln. Sie fühlen, daß jeder Schlag sie selbst trifft, und doch können
sie das Schlagen nicht lassen. Bosheit ist nichts, als eine Gemüthskranckheit,
die in der Vernunft ihren Sitz hat - und daher
so hartnäckig und nur durch ein Wunder
zu heilen ist. - Novalis, Teplitzer Fragmente (1798)
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