Zeit nutzen   DIe Meinung / so der weise Griche Bias von dem Menschlichen Leben geführet / indem er nach Diogenis Laërtii Zeugniß pflegte zu sagen: Man solte die Zeit des Lebens also abmessen / als würde man lange und kurtz leben: Zielet mehrentheils dahin / wie man genaw darauff zu sehen habe / daß keine Zeit und Tag verlohren / oder auch unnützlich hingebracht werde: Gestalt kein grösserer Verlust in einiger anderen Sache sonst geschehen kan / indem / vermöge des Senecæ bekräftigung / alle andere Dinge uns frembde sind / die Zeit aber nur allein unser eigen ist. Dieses beobachtete gar wol Plinius der Ältere / daher / als er einsmahls seinen Enckel müssig hin und wieder spatziren sahe / ihm zurieff: Poteras has horas non perdere. Hingegen Democritus einen hurtigen und arbeitsamen jungen Menschen anschauende / urtheilete von ihm: Er richtete dem Alter das beste Gerüchte zu. Zu geschweigen / was vorerwehnter Laërtius von dem Philosopho Cleanthe schreibet / daß er so sparsam mit der Zeit umbgangen / daß er auch blos mit Wasserschöpffen bey Nacht-Zeit seine Nahrung gesuchet / nur damit er den Tag zu den Verrichtungen des Gemüthes anwenden / und sich gelehrter machen könte. Wiewol nun solchem billich von aller vernünfftigen Welt beyzupflichten ist / so gar / daß auch der Nachlässigkeit / wann sie überhand nimmet / unvermeidlicher Schade zu besorgen: Dennoch hat es nicht die Meinung / als ob alle Ruhe und Erquickung des Gemüthes verboten sey / massen auch die Natur selber den Schlaff hierzu gewidmet / und die Heyden selbst / deren Verstand etwas höher gestiegen / solche Abwechselung der Arbeit und Ruhe gebillichet haben. In Erwegung dessen / findet gegenwertiges Ballet einen Grund seiner Vertheidigung / zumahlen es von einer Blühenden Gesellschaft Hoher Personen erstlich beliebet / und dann mit Zuziehung nöthiger Verpflichteten werckstellig gemachet worden / alles zu dem Ende / damit die gewöhnlichen Gescheffte dermahleins durch solche Lust abgewechselt / und dem blühenden Alter gleichsam versüsset würden. Vornemlich aber hat Anleitung hierzu gegeben / der numehr durch Göttliche Verleihung glücklich wiederkommende / und erscheinende erfrewliche Geburts-Tag / des Durchleutigen / Hochgebohrnen Fürsten und Herrn / Herrn AUGUSTI, Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg / unsers Gnädigen Landes-Fürsten / welcher nach ruhig-hingelegtem Achtzigsten Jahre Seiner Fürstl. Durchl. gesunden und kräfftigen Alters / der ein und Achtzigste an der Zahl ist / und / Vermöge vieler fromen Gemüther Wünschen / durch des Allerhöchsten Gnade / noch viel andere in gleichmässiger Glückseligkeit hervor-brechende Jährlich erfolgen lassen wird: Daß also bey so-thaner erfrewender beschaffenheit / der Zehende Tag Aprilis, hiesigen Landen und Leuten / lange Zeit und Jahre in frischem und vergnügtem Andencken verbleiben wird. Wann dann ein so hohes / und dabey Lebhafftes Alter / heutiges Tages fast seltzsam in der Welt anzutreffen / und gnugsam zu verstehen giebet / daß Seine Fürstl. Durchl. des Biantis oben-erwehnte Lehre / Zeit ihres Lebens / genaw beobachtet haben / und noch hochlöblich practiciren / gestalt sie dem Gemüthe seine Verrichtungen / und dem Leibe seine Pflegung weislich abmessen / aller dinges jenes Römers Wahr-wort: Generosos animos labor nutrit, erfüllende: Als veruhrsachet erwehnter so werther Geburts-Tag bey der Hohen Personen vorgedachter blühender Gesellschaft / umb so viel desto grössere Freude / wie vielmehr Sie anderen hohen Häusern an dieser Glückseligkeit vorgehen / und nicht allein Deutsche / sondern auch auswertige Lande hiemit gleichsam trotzen können. Wird demnach jetweder vernünfftiger Zuschauer oder Leser die allzuscharffen Affecten ruhen lassen / und von gegenwertigem Wercke nicht anders / als milde und sittsam urtheilen / als welches eine öffentliche Anzeigung / und helle Bekentnis Ehr-erbietender Fröligkeit ist. - Anton Ulrich Herzog von Braunschweig, Vorrede zu:

BALLET
Des Tages /

Oder:

Aufblühende Frühlings-Freude /
In der Fürstlichen Braunschweigischen Residentz
und Hofe entsprossen /
über dem Hochwerthen und angenehmen
Geburths-Tage

Des Durchläuchtigen Hochgebohrnen Fürsten und Herrn /
Herrn Augusti /
Hertzogen zu Braunschweig und Lüneburg /

Als Seine Fürstliche Durchläuchtigkeit / durch
sonderbaren Beystand des Allmächtigen / bey gesundem Aufwesen /
und ruhigem lebhaften Alter / das Achtzigste Jahr glücklich hingeleget
und beschlossen / und vermittelst Gottes Gnade / den 10. Aprilis des
1659. Jahres / den ein und achtzigsten Geburths-Tag ihres hochrühmlichen
Lebens / mit allgemeinem Frolocken des Landes /
herrlich gefeyret und begangen.

Wolffenbüttel /
Gedruckt bei denn Sternen.

 
 

 

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