Winde   Nach einer älteren Erzählung waren die Winde einem König, namens Aiolos, unterworfen und befanden sich völlig in seiner Macht, ohne eigene Persönlichkeit zu besitzen. Der Name Aiolos bedeutet den »Beweglichen« und »Bunten«, ursprünglich wohl einen Gott des Sternenhimmels, wie Astraios. Die Geschichte ist unter den Abenteuern des Odysseus erhalten geblieben. Da wurde uns von einem König Aiolos Hippotades erzählt, als wäre er ein »Reitersohn« gewesen. Denn das ist die Bedeutung von »Hippotades«. Es hieß von ihm, er sei ein Freund der Götter gewesen, der auf dem schwimmenden Eiland Aiolia herrschte. Mit ehernen Mauern war die steile Felseninsel umgeben. Zwölf Kinder hatte Aiolos in seinem Palast: sechs Mädchen und sechs Jünglinge. Die Töchter lebten mit den Söhnen verheiratet, und die Paare schmausten mit dem Vater und der Mutter den ganzen Tag. In der Nacht schliefen sie beieinander. Auf diese Insel kam mit seinen Gefährten Odysseus. Einen Monat lang bewirtete Aiolos die Fremden in seinem Palast. Als sie dann die Heimfahrt antreten wollten, gab er ihnen einen Schlauch, aus dem Fell eines neunjährigen Stieres gefertigt. Darin hatte er die Winde eingeschlossen und sie festgebunden, hatte ihn doch des Kronos Sohn zum Verwalter der Winde eingesetzt, damit er sie stillege oder errege, nach seinem Belieben. Mit einem silbernen Seil band er sie fest im Schiff des Odysseus, damit keiner daneben wehe. Nur den West ließ er in die Segel blasen. Man kennt die Geschichte aus der Odyssee: umsonst war alles. Die Gefährten glaubten, der schlaue -Odysseus habe Gold und Silber im Schlauch geborgen, und ließen die Winde los.  - (kere)

Winde (2)  Dem Element der Luft gehören auch die Winde an; denn sie sind nichts anderes, als in Bewegung geratene und erschütterte Luft. Es gibt vier Hauptwinde, die von den vier Himmelsgegenden wehen, nämlich der Südwind von Süden, der Nordwind von Norden, der Westwind von Westen und der Ostwind von Osten. Diese Winde hat Pontanus in folgenden zwei Versen zusammengefaßt:

Nordwind weht vom höchsten Olymp, vom untersten Südwind,
Ostwind kommt von Sonnenaufgang, von Niedergang Westwind.

Der Südwind ist nebelig, feucht, warm und Krankheiten erzeugend. Hieronymus nennt ihn den Mundschenk des Regens. Ovid singt von ihm:

Und er entsendet den Süd, der fliegt mit triefenden Schwingen,
Pechschwarz Dunkel bedeckt sein schreckenerregendes Antlitz,
Schwer von Gewölk ist der Bart, Flut rinnt von dem weißlichen Haupthaar,
Nebel umlagern die Stirn, es triefen ihm Flügel und Busen.

Der Wind von Mitternacht ist dem Südwinde entgegengesetzt, heftig und brausend; er zerstreut die Wolken, macht die Luft hell und überzieht das Wasser mit Eis.

Mir ist Gewalt nur gerecht. Nachtwolken verscheuch' ich gewaltsam,
Peitsche das Meer mit Gewalt und drehe die knotigen Eichen,
Härte den Schnee mit Gewalt und schlage mit Hagel das Erdreich.
Ich, sobald ich die Brüder erlang' am offenen Himmel
(Denn der ist mein Feld), ich ringe mit solcher Bestrebung,
Daß in die Mitte gezwängt, vom Anlauf donnert der Äther,
Und aus hohlem Gewölb das geschlagene Feuer hervorzuckt.
Ich auch, fahr' ich hinab in der Erde gewölbtes Geklüfte,
Stemm' ich den Rücken ergrimmt den untersten Höhlenentgegen,
Mache die Manen bestürzt und die obere Welt durch Erschütt'rung.

Der Westwind, auch Zephyr genannt, der von Sonnenuntergang weht, ist der sanfteste Wind, kühl und feucht; er macht dem Winter ein Ende und treibt Knospen und Blüten. Diesem entgegengesetzt ist der Ostwind wässerig und Wolken erzeugend und von stürmischer Gewalt. Von diesen Winden singt Ovid, wie folgt:

Eurus wich zu Aurora, dem Nabatäischen Reiche,
Persien und des Gebirges Höh'n unter den Strahlen des Morgens.
Vesper und all die Gestade, gewärmt von der sinkenden Sonne,
Sind dem Zephyrus nah, zu den Scythen und sieben Trionen
Stürmet der schaurige Nord; die entgegengestelite Landschaft
Trieft von stetem Gewölk und Regen gebärendem Südwind.

- (nett)


Winde (3)  Vom Firmamente und den Winden. Das Firmament aber enthält das Feuer, die Sonne, den Mond, die Sterne und die Winde, durch all diese Dinge hesteht es, und durch sie erhält es seine Festigkeit, so daß es nicht auseinanderfällt. Denn wie die Seele den ganzen Körper des Menschen zusammenhält, so halten auch die Winde das ganze Firmament zusammen, damit es nicht zerstört werde, und sie sind unsichtbar wie auch die Menschenseele, die von Gottes Geheimnis kommt. Und wie ein Haus ohne Ecksteine nicht bestehen kann, so hätte auch das Firmament, die Erde, der Ahgrund und die ganze Welt mit allem, womit sie zusammengesetzt ist, ohne diese Winde keinen Stand. Denn wären sie nicht, dann würde die ganze Erde zerrissen werden und zerbersten, wie auch der ganze Mensch zerrissen würde, hatte er keine Knochen. Der Hauptostwind halt nämlich die ganze Ostseite, der Hauptwestwind die ganze Westseite, der Hauptsüdwind die ganze Südseite und der Hauptnordwind die ganze Nordseite zusammen.   -(bin)

Winde (4)   Die vier Hauptwinde sind unter und über der Sonne beim Firmamente und halten es zusammen; sie umgeben auch die ganze Erde von dem unteren bis zum oberen Teile des Firmamentes wie mit einem Mantel. Der Ostwind umfaßt die Luft und sendet allerlindesten Tau über das Trockene hin. Der Westwind dagegen vermengt sich mit den fließenden Wolken, damit er die Wasser zusammenhalte, auf daß sie nicht zumal losbrechen. Der Südwind aber hält das Feuer in seiner Wirkung zurück und verhindert es, alles zu verbrennen. Der Nordwind läßt schließlich die äußeren Finsternisse nicht hervorbrechen, damit sie ihr Maß nicht überschreiten können. Diese vier Winde sind die Flügel der Macht Gottes. Werden sie sich einmal alle zugleich bewegen, dann werden sie alle Elemente verknäueln, sich zerteilen, das Meer erschüttern und alle Gewässer austrocknen.  - (bin)
 
 

Wind

 

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