iedergeborener
In längst vergangener Zeit lebte in der Stadt Vârânasî der König
Brahmadatta. Seine Gattin hieß Brahmavatî und denselben Namen trug auch
ein Teich. Der König aber war kinderlos und sehnte sich nach einem
Sohne. Deshalb flehte er zu den Göttern der verschiedensten Art. Endlich
wird sein Flehen erhört und es bezieht aus der Hölle ausscheidend ein
Wesen von festem Entschlüsse den Mutterleib der Königin. Auf ihren
Wunsch läßt der König an allen Toren der Stadt Gaben spenden; ferner
mußte er mit ihr in den Büßerwald ziehen, drittens mit ihr ein Schiff
besteigen, das in dem obengenannten Teiche auf ihren Wunsch erbaut war.
Dort gebar sie einen schönen Knaben, der mit Erinnerung an seine
früheren Existenzen begabt war. Weil er auf dem Wasser geboren war,
wurde ihm der Name Dshaladsha (Wassergeboren) gegeben. Als er unter der
Pflege der Ammen und Wärterinnen schnell heranwuchs, bedachte er, daß,
wenn er in die Herrschaft eingesetzt würde, dies nicht gut wäre, weil er
durch eine sechzigjährige Herrschaft, welche er früher ausgeübt hatte,
in der Hölle wiedergeboren war und nun Gefahr laufe, wiederum in die
Hölle zu geraten. Er beschloß also, sich durch eine List der Herrschaft
zu entziehen, und stellte sich als Krüppel.
Als die mit ihm gleichzeitig geborenen 500 Ministersöhne, die seine Gespielen waren, Sprung- und Laufübungen vornahmen,
bedachte König Brahmadatta, daß sein Sohn, wenn er kein Krüppel wäre, an
denselben teilnehmen könnte. Dennoch beschloß er, obwohl er ein Krüppel
war, ihn in die Herrschaft einzusetzen. Als der Prinz Dshaladsha dies
hörte, fand er es von seinem Vater sehr unfreundlich, daß er ihn so
schädige und beschloß, sich stumm zu stellen. Da wurde er allgemein der
stumme Krüppel genannt. Der Vater geriet, als er die 500 Ministersöhne
sprechen hörte, sein Sohn aber stumm blieb, in große Sorge. Als die
Minister ihn so in Sorgen sahen, erklärte er ihnen, daß es die Stummheit
seines Sohnes sei, die ihn beunruhige. Die Minister befragten den Arzt
und dieser erklärte, daß der Prinz völlig gesund sei und durchaus kein
Leiden habe, daß man durch Drohung auf ihn einwirken müsse.
Der König Brahmadatta ließ die Henker herbeirufen und
gab ihnen im geheimen die Weisung, den Prinzen, obwohl er ihnen
denselben in Gegenwart einer großen Menschenmenge überliefern würde,
dennoch nicht zu töten. - Märchen aus Tibet. Hg. Helmut Hoffmann. Düsseldorf Köln 1965
(Diederichs,
Märchen der Weltliteratur)
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