tummheit
Wenn man den Menschen oder das denkende, die Erdoberfläche
von oben betrachtende Wesen ausschließt, dann ist das erhabene und ergreifende
Schauspiel der Natur nur noch eine traurige und stumme Szene. Das Weltall
verstummt. Schweigen und Dunkelheit überwältigen es; alles verwandelt sich
in eine ungeheure Einöde, in der sich die Erscheinungen - unbeobachtete
Erscheinungen - dunkel und dumpf abspielen. Das Dasein des Menschen macht
die Existenz der Dinge doch erst interessant. Kann man sich bei der Geschichte
dieser Dinge denn etwas Besseres vornehmen, als sich dieser Überlegung
zu fügen? Warum sollten wir in unser Werk nicht
den Menschen einführen, da er doch in die Welt gesetzt ist? Warum sollen
wir nicht ihn zum gemeinsamen Mittelpunkt machen? Gibt es im unendlichen
Raum irgendeinen vorteilhafteren Punkt, von dem wir jene unermeßlichen
Linien ausgehen lassen könnten, die wir zu allen anderen Punkten ziehen
wollen? - (
enz
)
Stummheit
(2) Alle stumme Berauschung, d.i. diejenige, welche
die Geselligkeit und wechselseitige Gedankenmitteilung nicht belebt, hat
etwas Schändliches an sich; dergleichen die vom Opium und dem Branntwein ist.
Wein und Bier, wovon der erstere
bloß reizend, das zweite mehr nährend und, gleich einer Speise, sättigend ist,
dienen zur geselligen Berauschung; wobei doch der Unterschied ist, daß die Trinkgelage
mit dem letzteren mehr träumerisch verschlossen, oft auch ungeschliffen, die
aber mit dem ersteren fröhlich, laut und mit Witz redselig
sind.
- Immanuel Kant, Anthropologie in pragmatischer Ansicht