achsfigur  Der junge mann drang tiefer in das staubgrüne musikalische gedämmer. Neben einem rhododendronstrauch wuchtete ein ungeheuerlicher blauer wachsgorilla, der eine halbentblößte blonde europäerin in seinen zottigen armen hielt. Die eine freie brustkuppel der gelblichen weißen zeigte eine zierliche lila rosette, deren spitzchen sich schaudernd sträubte; ihre nackten beine, die freizügig aus dem zerfetzten tropenkleid ragten, verrieten die strampelnden bewegungen, die einer entführten so selbstverständlich sind, die wohlgeformte rechte hielt sie mit einer geste des entsetzens in augenhöhe.

Der junge mann bückte sich nach dem am niedrigen sockel angebrachten messingschildchen.

„Die Braut des Königs des Dschungels"

las er.

Er richtete sich wieder auf und drehte sich um. Die darstellung, die er erblickte, war eine bis an die taille entblößte schöne, die ihm den rücken wies. Sie war an einen pfosten gebunden, ihre nackten schultern wiesen bereits einige Striemen auf — und hinter ihr stand ein bärtiger kosak, der eine frappante ähnlichkeit mit Robinson Crusoe aufwies, und schwang eine fürchterliche nagaika. Die legende zu dieser wachsgruppe besagte:

„Russische Justiz"

Der junge mann wandte sich wieder dem König des Dschungels und seiner braut zu. Seltsam — er hätte schwören können, daß vorhin die entführte nur eine hand erhoben hatte, nun aber streckte sie beide arme hoch. Er schüttelte ungläubig den kopf und betastete die entblößte brustspitze der entführten europäerin — das wachs fühlte sich etwas klamm an, er mußte unfreiwillig an die marmorwände aus linoleum denken, die draußen den hausflur schmückten. Dann wurde er mit einem male gewahr, daß die orchestrionmusik ganz laut erklang, daß rings um ihn eine unglaubliche treibhaushitze herrschte, daß vögel zwitscherten und zeterten, daß ihm plötzlich ein lebendes äffchen auf der schulter saß, daß aus der ferne ein elefant hohl trompetete . . . Und er drehte sich mit einem ruck um und sah, daß die russische justiz verschwunden war. An ihrer stelle jedoch befand sich ein kolossaler baobabbaum, dessen umfang keine sechs männer umspannt hätten.

„Verdammt", entfuhr es ihm. Er machte kehrt und strebte mit schnellen schritten in die richtung, wo er den ausgang aus diesem vexiersaal vermutete. Aber die türe aus ornamentiertem milchglas war verschwunden. An ihrer stelle stand eine art negerkral mit einer niederen Öffnung. Er stocherte mit dem spazierstock in das dämmerige loch, fand keinen widerstand und trat ein. Als sich seine äugen an das halbdunkel gewöhnt hatten, erblickte er zu seinem maßlosen erstaunen die entführte europäerin, die in einem primitiven steinmörser hirse stampfte. Und sie lebte, war aus fleisch und blut!

„Was soll dieser faule zauber!" rief Edvard von Ramsay." - (flag)