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Durch Liebeszauber, die Eingabe von Liebestränken, sollte die Impotenz
oder die besondere Verliebtheit des Bezauberten erreicht werden. Dem Volksglauben
entstammt aber auch die Vorstellung des Hexenritts
— der Flug der Hexen durch die Luft zur geheimen
Zusammenkunft — und schließlich die
Verwandlung von Menschen in Tiere, insbesondere
in Werwölfe oder Katzen. Die übernatürlichen Mittel,
mit denen man einen solchen Schadenzauber herbeiführen konnte, waren die
Verschreibung an den Teufel, der Teufelspakt,
bei Frauen die Teufelsbuhlschaft, nachdem die Scholastik die theoretische
Möglichkeit der geschlechtlichen Vermischung zwischen Menschen und Dämonen
ermittelt hatte. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Nachtseite der
Aufklärung, wenn wir noch in den Anmerkungen
Kreittmayrs zum bayerischen Codex von 1751 lesen können, wie nach
Vorstellung des Verfassers ein solcher Teufelspakt zustande kam: Der ausdrückliche
Teufelspakt kann teils öffentlich, teils heimlich geschlossen werden. Bei
versammeltem Hexentanz nimmt der Teufel auf einem Throne sitzend die Huldigung
der neuen Hexen entgegen, läßt sie Gott und alle
Heiligen abschwören, empfängt darauf ihr Handgelübde und einen mit eigenem
Blute geschriebenen Bundzettel Von ihnen, schreibt endlich dieselben mit
ihrem neuen Namen in das schwarze Hexenbuch und verspricht ihnen dagegen
alle Glückseligkeiten der Welt. - Gustav Radbruch, Heinrich
Gwinner: Geschichte des Verbrechens. Frankfurt am Main 1990 (Die Andere
Bibliothek 62, zuerst 1951)
Zauber (2) »Dort oben« — sagte er stehen bleibend — »hängt das Zeug. Sehen Sie die Verdickung am Schaft direkt über der Spitze? — Das ist der böse Zauber, der weit unten in Afrika auf mein armes Leben gemünzt wurde! — Sie sehen's nicht gut? — Warten Sie, ich werde Ihnen das Ding herunterlangen.« — — —
Trotz unserer Bitten, sich nicht bemühen zu wollen, holte er einen Stuhl, trat auf denselben, faßte nach oben und wollte den Pfeil ergreifen, der mit der Spitze aufwärts an einem Nagel befestigt war.
In diesem Augenblick nun, als er die Hand nach ihm ausstreckte, mußte der Sturm irgendwo ein Loch gefunden haben, durch welches er Einlaß fand: — Ein Sausen, Stöhnen und Pfeifen ging durch das Treppenhaus und die Korridore als wenn die Hölle los wäre — es klang wie Zornesgrollen und Hohngelächter — die Fenster flogen auf, Scheiben klirrten zersplitternd am Boden und unter einem fahlen Blitz ergoß sich eine Flut von Regen und Hagelstücken auf uns.
Das, was sich jetzt zutrug, ging schneller als ich es zu erzählen vermag: Durch den heftigen Luftzug gerieten alle Gegenstände an den Wänden in Schwingungen und in dem gleichen Augenblick stieß der Hausherr einen leichten Schrei aus, denn — der Pfeil war durch jene starke Bewegung mit dem Nagel aus der Wand gerissen, hatte sich dem Gesetz der Schwere folgend umgedreht und haftete mit seiner, mit Widerhaken besetzten, Spitze in der Hand seines Besitzers!
Dieser zog ihn — leichenblaß geworden — schnell aus der Wunde und begann
dieselbe auszusagen und mit einer Zigarre auszubrennen. Wir andern rissen
ihm, sobald wir die Situation erfaßt hatten, den Rock herunter, den Hemdärmel
auf und unterbanden ihm den Oberarm mit Taschentüchern. Ein Arzt wurde
schleunigst durch's Telephon gerufen und erschien in kürzester Frist per
Auto, prüfte die Wunde und lobte unsere Maßnahmen. Er schrieb ein Rezept
und sandte den Diener damit zur Apotheke. Dann machte er sich wieder um
den Verletzten zu schaffen, das vorläufige Auswaschen der Wunde mit Alkohol
überwachend. Er meinte zu unserer Beruhigung, daß das Gift
— falls der Pfeil solches getragen habe — durch all die schnell angewandten
Mittel wohl unschädlich gemacht worden wäre — als plötzlich der Kopf des
in der dämmerigen Sophaecke sitzenden Patienten nach hinten fiel, die Augen
sich verdrehten und ein furchtbarer Krampfanfall seinen Körper erschütterte.
— — - Leopold Günther-Schwerin, Der Pfeil. In: Jenseits
der Träume. Seltsame Geschichten vom Anfang des Jahrhunderts. Hg. Robert
N. Bloch. Fankfurt am Main 1990 (st 1595, zuerst 1910)
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