erhandlung »Ich bin nicht für Gewalt«, sagte er langsam, »und ich halte Sie für einen vernünftigen Menschen. Machen wir ein Geschäft, mein Freund!«
»Sie müssen sich etwas bestimmter ausdrücken«, schlug ich vor.
»Aber gern! Nehmen wir als Grundlage unserer Verhandlungen an, daß Sie die Papiere an einer Stelle versteckt haben, an der niemand anders sie finden kann, und daß Sie sich vollständig in meiner Gewalt befinden, wie es in Groschenromanen zu heißen pflegt.«
»So kann man sagen«, pflichtete ich ihm bei. »Weiter!«
»Es besteht also sozusagen Gleichgewicht der Kräfte. Keiner von uns ist im Vorteil. Sie als Detektiv wollen uns haben, aber wir haben Sie. Ich biete Ihnen das Mädchen im Austausch gegen die Papiere, und das scheint mir ein gerechtes Angebot. Ich hätte dann die Papiere und eine Chance, mich abzusetzen. Sie hätten einen recht beträchtlichen Erfolg in Ihrer Arbeit als Detektiv. Hook ist tot. Sie hätten das Mädchen. Es bliebe nichts weiter zu tun, als mich und die Papiere wiederzufinden - keineswegs ein aussichtsloses Unternehmen. Sie hätten eine Niederlage in einen halben Sieg verwandelt und hätten dabei noch eine hervorragende Chance, zu einem Sieg zu kommen.«
»Woher weiß ich, ob Sie mir das Mädchen wirklich geben würden?«
Er zuckte die Schultern. »Eine Garantie kann es natürlich nicht geben. Aber da Sie wissen, daß sie vorgehabt hat, mich wegen des Schweines, das tot da unten liegt, im Stich zu lassen, bilden Sie sich gewiß nicht ein, daß ich besonders freundliche Gefühle ihr gegenüber hege. Außerdem würde sie,,wenn ich sie mitnähme, einen Anteil an der Beute verlangen.«
Ich ließ mir die Aussichten durch den Kopf gehen.
»Ich sehe es folgendermaßen«, sagte ich schließlich zu ihm. »Sie sind kein Mördertyp. Ich komme lebendig davon, was auch passiert. Also gut — warum soll ich mich auf den Tausch einlassen? Sie und das Mädchen werden leichter wiederzufinden sein als die Wertpapiere, und die sind doch die Hauptsache bei der Angelegenheit. Ich will sie lieber behalten und es darauf ankommen lassen, Sie beide wiederzufinden. Ja, ich setze auf Nummer Sicher.«
»Nein, ich bin kein Mördertyp«, sagte et sehr leise und mit dem ersten Lächeln, das ich auf seinem Gesicht entdecken konnte. Es war kein angenehmes Lächeln, und es lag etwas darin, wobei einem ein Schauer über den Rücken laufen konnte. »Aber vielleicht bin ich noch etwas anderes, woran Sie noch nicht gedacht haben. Doch diese Rederei hat keinen Zweck. Elviral«
Das Mädchen kam gehorsam heran.
»Du findest Bettlaken in einem der Schreibtischfächer«, sagte er zu ihr.
»Reiß eins oder zwei in Streifen, die fest genug sind, daß man damit unsern
Freund sicher fesseln kann!« Das Mädchen trat an den Schreibtisch. Ich
runzelte die Stirn in dem Bemühen, eine nicht zu unangenehme Antwort auf die
Frage zu finden, die mir durch den Kopf ging. Die Antwort, die sich zunächst
einstellte, war nicht erfreulich: Folter! - Dashiell Hammett, Hokuspokus.
Frankfurt am Main und Berlin 1965
Verhandlung (2) Astafali hatte
den Eindruck, daß der Kunde oder der Händler
schwankende Physiognomien annahmen. Es schien
ebenso eine Luftspiegelung zu sein, wie er sie überall in der Stadt sah; aber
diese hier war weniger schwindend, es handelte sich um verschwitzte Gesichter,
verzerrt in der Anstrengung, recht zu bekommen, und um Momente, in denen der
Kunde und der Händler veränderliche und nicht genau unterscheidbare Gesichtszüge
annahmen. Oft nämlich fragte der eine den anderen: »U ma tan?« (»Wer
bist du denn?«). »Ma tan neni« (»Ich bin es«), antwortete der andere.
»U ma neni?« (»Wer ich?«). »U ma pungha« (»Der gleiche wie zuvor«).
Bei den hartnäckigsten Verhandlungen sah man manchmal, wie der eine von beiden
sich sichtlich aufblähte, um auf den anderen Eindruck
zu machen, während der andere das unwahrscheinliche Gesicht eines milden, ehrlichen
Mannes aufsetzte; dann fuchtelte der erste wie verrückt herum, als wäre er sehr
entrüstet, und alles mit vielen Grimassen auf beiden Seiten, um sich gegenseitig
zu betrügen. Die Szenen endeten dann mit Handschlag und einem merkwürdigen Blitzen
in den Augen der beiden; woran man erkannte, daß jeder glaubte, er habe den
anderen betrogen. Müde, aber zufrieden luden sich die beiden gegenseitig in
die Kneipe ein, vereint in derselben Begeisterung, den anderen zu belügen und
zu betrügen, jeder, um recht zu haben und aus seinen eigenen Unsicherheiten
herauszukommen.
- (fata)
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