Unangepaßtheit Dieser Unglücksmensch, Pfeifer Huisile, stammte aus Flading im Ratschingsertal bei Sterzing, wo er um das Jahr 1620 herum geboren wurde. Ein Kind armer Bauersleute, wuchs er in Elend und Not auf, stahl schon als Kind, war ein nichtsnutziger, fluchender Knabe, der früh den Teufel im Munde führte, später dann ein arbeitsscheuer, dem Trunke nicht abholder Bauernknecht, dabei schlau und nicht unwitzig. Seine Umstände behagten ihm nicht, und so wandte er sich an den Lauterfresser in Brixen, damals der berühmteste Zauberer seiner Zeit in Tirol. (Notabene wurde auch dieser düstere, magenkranke Hexenmeister am 18. Oktober 1645 grausam zu Tode befördert). Pfeifer Huisile sagte zu ihm:

I bin zu guet für die Arbeit und zu schlecht zum Nichtstun
I will a Mensch sein wie di andern
Will löbn und wenig arbeiten
Landauf und landab ziechen
Und will Gewalt bekommen über die Menschen!

Dein Wort in Teufels Ohr, dürfte ihm der Lautenfresser geantwortet und ihm geraten haben, mit dem Satan einen Pakt zu schließen, um seine ja durchaus verständlichen Wünsche erfüllt zu bekommen, was unser unseliges Huisile dann leider in finsterer Mitternacht auch tat.

Von nun an hatte er Gewalt über Tiere und Menschen und das Wetter. Das behauptete er wenigstens, und das nicht zu seinem Glück. Er verwandelte sich nach Bedarf in andere Menschen, in Rösser, Mäuse, Fliegen und manchmal auch in einen Floh (dies, um auf Weiberleuten intim herumkrabbeln zu können).

Zum weiblichen Geschlecht scheint er sonst aber ein gestörtes Verhältnis gehabt zu haben. Man weiß nur von einem etwas seltsamen Verhältnis zu einer Schankdirn am Jaufenhaus, die er herzloserweise vom Teufel holen ließ, als sie ihm hinter seine schwarzen Schliche kam.

Hauptsächlich beschäftigte er sich damit, Unwetter, Bergstürze, Lawinenkatastrophen, Muren und Überschwemmungen zu inszenieren, um sich an Bauern zu rächen, die ihn in irgendeiner Weise gekränkt oder schlecht behandelt hatten. Meist erschien er dabei auf einem schwarzen Hahn oder auf einem Ziegenbock reitend, auch als Anführer von 99 Katzen und immer unter Blitz, Donner, Regen und Hagel. Die Vorbereitungen dieser Bosheiten waren äußerst kompliziert, sei es, daß er monatelang mit einem Geißbock Schnee auf Jöcher oder mit seinen Katzen Wasser in einem Sieb führen mußte. Peinlicherweise siegte dann aber meist das Gute, und seine Katastrophen mißlangen kläglich, weil immer in letzter Sekunde die geweihten Wetterglocken läuteten und sein Teufelswerk zunichte machten.

Die harmloseren Vergnügungen gelangen ihm besser, etwa wenn er Krapfen in Mäuse verwandelte, um friedliche Hochzeitsgesellschaften ins Chaos zu stürzen. Einen Bauern verblüffte er bei Gelegenheit, indem er seine Schuhe allein herummarschieren ließ.

 Als er allerdings mit einer schweren Holzfuhre,  von seinem schwarzen Hahn gezogen, in Sterzing auftauchte, vertrieben ihn die dortigen Kapuziner mit Hilfe der heiligen Monstranz.

Alles in allem scheint er einfach ein origineller und boshafter Herumtreiber, Aufschneider und Schwadroneur gewesen zu sein, eher ein Tiroler Till Eulenspiegel denn ein Faust.

Sein Treiben war im Grunde mühsam und frustrierend, und obendrein behandelten ihn seine Teufel auch nicht gut. Kaum packte ihn ein bißchen Reue über sein verpfuschtes Leben, oder er geriet nur in die Nähe einer Kirche, gleich beutelten sie ihn oder hielten ihn strafweise über Abgründe

mit der Drohung, ihn fallen zu lassen. An die Jungfrau Maria, die in der Tiefe ihr Fürtuch aufhielt, vermochte er zu seinem Unglück nicht fest genug zu glauben.

Da er sich selbst allzusehr dämonisierte, sein Tun auch nicht ganz frei von unwillkommenen sozialkritischen Aspekten war, ist es kein Wunder, daß diese unangepaßte Erscheinung zwangsläufig zwischen die Mühlsteine der Borniertheit und Grausamkeit der damaligen Zeit geraten und gänzlich humorlos und gräßlich im siedenden Ölkessel enden mußte.  - Nach: Paul Flora (Zeichnungen): Pfeifer Huisile, ein Südtiroler Hexenmeister (Edition Galerie Thomas Flora)

 

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