exenmeister Er
war ein kleiner Mann, untersetzt, mit weißem Haar bis auf die Schultern. Seine
Augen konnte man nicht sehen, die waren wie die eines Igels. Er hatte stachlige
Augenbrauen, wie zwei Bürsten, und einen Bart wie
ein Kater. Im Alter war er taub geworden und man sagte, er sei nicht mehr ganz
bei Verstand. Sein Name war Graf Stefan Leszczyriski und es ging das Gerücht,
er stamme von polnischen Königen ab. Im Sommer kleidete er sich, als ob er noch
unter der Regierung des Königs Sobieski lebte, im Winter trug er einen Pelzhut
und einen Pelzmantel, der mit Fuchsschwänzen besetzt war. Er sprach mit keuchender
Stimme und niemand verstand ein Wort von dem, was er sagte. Während er im Gefängnis
saß, gab es in Polen eine Revolte. Ein Teil seines Besitzes war schon früher
beschlagnahmt worden, als der Zar die Leibeigenen freisetzte. Den Rest brachten
seine Gutsverwalter durch. Alles, was ihm geblieben war, war eine Ruine, Schloß
oder Hof genannt. Die bösen Geister tollten dort sogar während des Tages umher.
Sie feierten Hochzeiten und Beschneidungsfeste.
Einige dieser Dämonen waren jüdisch. Die Fensterläden
blieben immer geschlossen. Die Leute erzählten, daß der Gutsbesitzer ganz aufgehört
habe, irgend etwas zu essen. Er hatte einen Landarbeiter, der noch älter war
als er. Der wußte, wie man aus Gerste Branntwein macht, und den trank der Gutsbesitzer
durch einen Strohhalm aus einem Krug. Ihm waren ein paar Morgen Land verblieben
und er verpachtete sie an einen Bauern, einen seiner früheren Leibeigenen.
Ob er zu meiner Zeit noch ein Hexenmeister war, kann ich nicht sagen. Man muß viel Kraft haben, um die nächtlichen Mächte heraufzubeschwören. Und dieser Hexerei wegen landete er im Gefängnis. Mein Großvater Lemel war sein Hofjude. Er konnte sich an den Gutsbesitzer erinnern, als er noch schwarzes Haar hatte und es mit allen Dorfmädchen getrieben hatte. Vor der Freilassung der Bauern konnte der Gutsherr mit seinen Leibeigenen machen, was er wollte. Er konnte in die Hütte eines Bauern gehen und wenn dieser eine hübsche Frau hatte, sagte er: ›Stach, deine Frau gefällt mir. Schick sie zu mir, aber in einem sauberen Hemd und ohne Läuse.‹
Am Abend brachte der Mann seine Frau und wartete draußen. Wenn er sich weigerte,
wurde er ausgepeitscht. - Isaac Bashevis Singer, Der Hexenmeister. In: I.B.S., Leidenschaften.
Geschichten aus der neuen und der alten Welt. München 1993. (zuerst 1975)
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