Fraumtier, ekliges  Manchmal träumt mir, ich sitze auf einer Treppenstufe vor der Tür zu einer Mansarde, die ich in meiner Kindheit betreten wollte, und ein ekelhaftes Tier, das ich nicht abschütteln kann, versucht immer wieder, auf meine Knie zu klettern, oder ich stehe mitten in einem Garten voll hoher Farne, voller Moos und Blumen und plumper, schwarz-weiß gesprenkelter Vögel, die sich greifen lassen; kaum aber hat man sie berührt, bleibt die Hand gelähmt und besudelt.

Dann ist mir, als stiege ich in eine Höhle hinab, wo mich eine Frau empfängt, die mir neben sich Platz macht und mich überreden will, in einen kleinen silbernen Behälter zu kriechen. «Ganz glücklich wirst du da wieder herauskommen», lockt sie mich, aber wenn ich einen Augenblick nachgebe, finde ich mich alsbald, ein neuer Nikodemus, im Finstern, den Kopf zwischen die Beine gezwängt, wie im Leib meiner Mutter.

Ein andermal verwandelt der Ozean unter meinen Schritten sich in einen einzigen ungeheuren Efeu, der die Welt bedeckt, sie verschlingt, und Gott läßt mich irregehen in diesem blinden Gewirr riesiger Zweige. Nach und nach schlingen trotz meines Sträubens die spiraligen Klettersprossen des Efeus sich um meine Knie, klettern meinen Körper entlang hinauf, wie die Tentakel eines Riesenkraken, und nachdem er mich hoch genug hinaufgehoben hat, daß ich mit dem Blick seine gräßliche Gestalt ihrer ganzen Ausdehnung nach überschauen kann, erstickt und verschlingt mich der Schmarotzer, dem ich zur Beute gefallen bin.   - Marcel Jouhandeau, Elise. Reinbek bei Hamburg 1968 (zuerst 1933 ff.)

 

Traumtier Ekel

 

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