empel,
tanzende Während der Urwald ein Jahrtausend lang die rauhen,
abstrakten, symbolischen, gesichtslosen Tempel des Hinayana-Buddhismus
und die magischen Tempel des Mahayana-Buddhismus verbarg, geschah in Ellora
das Wunder einer Metamorphose, der Urwald und der
Fels - der Tamarindenbaum und der heilige Berg - wirkten zusammen und wurden
zu einer Reihe hemmungsloser, wilder, tanzender Tempel, zu einem Tosen herzzerreißender
und hieratischer Formen, eine uralte Welt wiedergefunden im Lachen eines Traums:
etwas Schreckliches und Ungeheures. Wie ich lese, errieten
die Thugs, die heiligen Mörder der Göttin Kali,
aus den Windungen der Tempel von Ellora die Regeln für
die Auswahl der Opfer, die Zeit und die Art des Menschenopfers.
In Ellora tanzt und vermählt sich Shiva, köpft Vishnu
den ungläubigen König, erschüttert der vielgestaltige Dämon Ravana den Thron
Shivas und Parvatis durch ein gewaltiges Erdbeben, sind die Mütter zugleich
die Grazien, ist Shivas Gemahlin zugleich Kali, die zerstörerische und erbarmungsreiche,
die Töterin und die Wohltäterin. Ich rüttle mich wach, entwinde mich ans diesen
wild wuchernden, zu Stein gewordenen Träumen. Ob es erlaubt und fromm ist, zu
erwachen, weiß ich aber nicht. - Giorgio Manganelli,
Das indische Experiment. Berlin 2004 (zuerst 1992)
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