Der Spruch „nichts (Böses) sehen, nichts (Böses) hören, nichts (Böses) sagen“ ist Bestandteil der Lehre des buddhistischen Gottes Vadjra.
Manchmal wird noch ein vierter Affe mit dargestellt,
der mit seinen Händen seinen Unterleib bedeckt.
Er hat die Bedeutung „nichts Böses tun“.
- Wikipedia
Buddhismus (2)
Buddhismus (3) Ich bin in den
heiligen Höhlen von Ajanta, hundert Kilometer entfernt von Aurangabad; es sind
etwa dreißig Klöster und Tempel; alle buddhistisch, einige Hinayana - das ist
der Buddhismus, der später in Ceylon und Birma heimisch werden sollte, ursprünglich
rein symbolisch, kennt keine konkreten Figuren - und Mahayana - das ist der
Buddhismus des Nordens, eine Bilderflut, die irdischen Geschichten Buddhas,
Erzählungen aus den früheren Leben des ERLEUCHTETEN. Ajanta ist voller Geheimnisse;
im zweiten Jahrhundert vor Christus begann man es in den Fels zu meißeln, wohl
gegen das achte Jahrhundert, als der Buddhismus in Indien unterging, wurde es
verlassen und dem undurchdringlichen Schutz des Dschungels
anheimgestellt. Tausend Jahre lang wußte man nichts von Ajanta: Ein Engländer,
so erzählt man, hat es entdeckt, als er einem wilden magischen Tiger nachjagte.
Wohl tausend Jahre arbeiteten dort Mönche, Maler und Bildhauer; aber kein Text
erwähnt etwas davon. Die Buddhisten von Ajanta liebten die Pracht
und wollten geheim bleiben. Mit Gelassenheit und betäubender Raffinesse entfalten
sich die Malereien; unbekannte Maler, die etwas von Perspektive verstanden und
Bildergruppen zu komponieren wußten, erzählen in diesen Felsentempeln Geschichten
vom MEISTER, von seiner Erleuchtung und von seinen früheren Leben. Die zarte
ockerfarbene Figur dort ist Buddha; ein weicher, fettleibiger, schmachtender
Buddha; und um ihn herum alle bizarren Zeichen des Daseins, Affen, Pfauen, zuhörende
Frauen, spielende Frauen, weibliche Zaubergeschöpfc, die sich zurechtmachen
mit dem verwunschenen Schmuck zugleich irdischer und himmlischer Juwelen. Man
staunt über diese subtile Doppelbödigkeit, diese meditierende Abstraktion, komplizenhaft
dem Leben verbunden, in das sie eintaucht. Man wird bezaubert von diesem zufälligen,
heiteren, zerstreuten Leben, das unbewußt und reich durch seine Armut an Metaphysischem
um den ERLEUCHTETEN wogt. Dieses Bild eines Buddhismus, der die Freude
gelten läßt und kennt, diese zerbrechliche und leichtfertige Fleischlichkeit,
Zierde und Geleit für die große Gestalt des Buddha, überraschen und berücken.
In den Malereien von Ajanta erscheint etwas, das vielleicht einen kurzen verlorenen
Augenblick lang ein mögliches Bild der Welt war, dramatischerweise leicht begehbar
und zugleich tragischerweise unzugänglich. Hinreißende weibliche Gestalten bewegen
sich in den Hohlräumen zwischen Natürlichem und Heiligem, wiegen ihre weise
frisierte Haarpracht arn Ende einer der Meditation geweihten Höhle. Selten wurde
die Zwiespältigkeit der irdischen Lage, ihre weise Falschheit mit solcher Schwerelosigkeit
und einer so glücklichen, niemals ins Gottlose abgleitenden Hand dargestellt.
Die dreißig Tempel und Klöster, die dem Flußufer folgen und um die herum noch
heute der Dschungel fortdauert, enthalten eine ganze Reihe möglicher Erfahrungen;
es gibt Orte ohne den Trost der wunderbaren Malerei, wo felsig und schweigsam
riesige Bilder des Buddha stehen; oder wo Säulen hochragen und sich Kapitelle
mit unruhigen und kostbaren Figuren anschmiegen; schließlich die Heiligtümer,
in denen der Buddha abwesend ist und die symbolische Wucht eines Grabhügels
- des stupa - erscheint und auf eine Anwesenheit deutet, die nicht mit dem Menschlichen
kompromittiert werden darf. Vorgetäuschte Gebäude, nicht erbaut, sondern in
den Fels gehöhlt, versuchen diese Orte in keinem Fall mit der Majestät, mit
der hieratischen Härte ihrer Linienführung einzuschüchtern; in Ajanta begegnen,
berühren und ergänzen einander eine liebevolle und zugleich durchdachte Idee
des Daseins und alle Bilder der reglosen Anwesenheiten und schließlich der Anwesenheiten,
die sich durch Abwesenheit ausdrücken; von der Frau, die sich, von hinten gesehen,
ihr Haar zurechtmacht, geht es durch eine ununterbrochene geistige Furt weiter
über solitäre und königliche Bilder bis zu den Formen, die auf den Übergang
des Geschöpfs ins Nichts anspielen. - Giorgio Manganelli,
Das indische Experiment. Berlin 2004 (zuerst 1992)
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