atmotiv   Eigentlich hieß sie Irma Onesalt, Sozialarbeiterin in einem Stammesbüro, hart wie Sattelleder und schlau wie eine Schlange. Nie würde er ihr Gesicht vergessen, als sie erfuhr, daß der falsche Begay aus der Bad water-Klinik geholt und durch die halbe Reservation gekarrt worden war. Inzwischen war sie tot, jemand hatte sie erschossen. Aber das war unten im Süden passiert, weit weg vom Shiprock-Distrikt, außerhalb von Chees Zuständigkeit. Seltsam nur, daß ihr Tod ihn nicht daran hinderte, immer noch mit dem gleichen Vergnügen an den Fall mit dem falschen Begay zu denken. Wie man so hörte, würden sie wohl nie herausfinden, wer Welfare Woman erschossen hatte, weil praktisch jeder, der irgendwann mit ihr zu tun gehabt hatte, der Täter sein und ein einleuchtendes Motiv haben konnte. Chee konnte sich nicht erinnern, je einem verhaßteren Weibsbild begegnet zu sein.  - Tony Hillerman, Die Nacht der Skinwalker. Reinbek bei Hamburg 1997

 Tatmotiv (2) Der Polizeichef: »Haben Sie schon eine Idee?«

»Nicht die geringste.«

»Die Sache wird bestimmt viel Aufsehen erregen. Der Mann war noch einflußreicher, als er behauptet hat.«

»Bedauert man sein Ende?«

»Warum fragen Sie das?«

»Nur so. Hier habe ich den Eindruck, daß alle Leute eher erleichtert sind.«

»Sie tun alles, was Sie können, nicht wahr?«

»Aber selbstverständlichl« Obwohl Maigret nie weniger Lust gehabt hatte, einen Mörder zu finden. Natürlich war er neugierig, zu erfahren, wer sich schließlich entschlossen hatte, Fumal umzubringen. Welcher Mensch, Mann oder Frau, hatte ihn so gehaßt, daß er alles aufs Spiel setzte?

Konnte er diesem Verbrecher grollen? Würde es ihm nicht leid tun, wenn er ihm die Handschellen anlegte?

Selten gab es so viele und so einleuchtende Motive wie bei diesem Mordfall.

Da war Madame Fumal, die nur eine Etage tiefer zu steigen brauchte, um sich für die zwanzig Jahre der Demütigung zu rächen. Ohne Zweifel würde sie außer ihrer Freiheit auch noch das nicht unbeträchtliche Vermögen oder wenigstens einen Teil davon erben.

Hatte sie einen Liebhaber? Bei ihrem Aussehen war es zwar unwahrscheinlich, aber Maigret hatte soviel Merkwürdiges erlebt, daß er skeptisch geworden war.

Und wie stand es mit Monsieur Joseph?

Er schien dem Metzger völlig ergeben gewesen zu sein, obwohl er in dessen Schatten lebte. Der Himmel mochte wissen, in welche Schweinereien die beiden verwickelt waren. Fumal hatte keinen Wert darauf gelegt, daß seine Leute anständig waren. Ihre Ergebenheit war ihm das wichtigste. Aber selbst Menschen wie Monsieur Joseph revoltierten!

Auch für die Sekretärin, Louise Bourges, gab es ein Motiv.

Felix, der Chauffeur, war ihr Geliebter. Beide wollten so schnell wie möglich heiraten, um sich in Giens niederzulassen.

Die Vermutung, daß sie oder Felix Monsieur Fumal bestohlen oder zu betrügen oder sogar zu erpressen versucht hatten, lag nahe...

Gründe, Fumal zu ermorden, schien hier im Hause jeder zu haben, einschließlich Victor, dem ehemaligen Wilderer, der von seinem Chef fest an der Kandare gehalten wurde.

Ähnlich war es mit den Dienstboten, deren Leben man durchleuchtete. Außer ihnen war aber noch Gaillardin da, der nach seinem Besuch bei Fumal nicht nach Hause zurückgekehrt war. Maigret hatte Durst und das Bedürfnis, ein wenig frische Luft zu schnappen. - Georges Simenon, Maigret erlebt eine Niederlage. München 1972 (Heyne Simenon-Kriminalromane 20, zuerst 1956)

 

Motiv Verbrechen

 

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