outerrain
Ein Mann in einer Schlafanzugjacke half ihnen weiter. Wieder liefen sie durch
nicht beleuchtete Gänge im Souterrain. In einem schwach erleuchteten Raum lagen
Shorty und Schöni. Pauli lag mit einer Braut unter einer Pferdedecke. Die jungen
Männer, die alle schulterlanges Haar trugen, schraken hoch. Sie vermuteten Sitte
oder Rauschgiftdezernat oder Ähnliches. Schöni besaß einen fast weißen Wildledermantel,
dessen Innenseite aus weißem Fell bestand und trug kniehohe schwarze Stiefel.
Er hatte verfaulte Zähne und schönes, langes, pechschwarzes Haar. Pauli war
blond und wirkte verwirrt, was daran liegen mochte, daß er mit der Braut irgendetwas
getrieben hatte, womit er nicht fertig geworden war. Das Mädchen war jung, vielleicht
fünfzehn, hatte aber einen sympathisch verdorbenen Blick. Pauli zeigte Rottenkopf
einige Gedichte, die von ihm stammten. -
(baer)
Souterrain (2) Stachelblume, dicht gefolgt von seinem Komplizen, verschwindet direkt neben dem Haus in einem kaum sichtbaren Gäss-chen, das einem Riss in der Dunkelheit gleicht.
Er ist hier ohne Zweifel zu Hause, denn ein Schlüssel, den er aus seiner Tasche zieht, erlaubt den Wagemutigen, durch eine tiefe Tür in ein stinkendes und schlammiges Souterrain einzutreten. Eine mit großer Wahrscheinlichkeit volltrunkene Alte schläft, halb auf dem Tisch liegend, neben einer abscheulichen Kerze.
Ein an Herzlepra erkrankter Schriftsteller hat geschworen, dass diese Art
von Alten die Wahrheit verkörpern, die, wie
jeder weiß, viel hässlicher und abstoßender
ist als die Sünde. -
Léon Bloy, Blutschweiß. Berlin 2011 (zuerst 1893)
Souterrain (3) Mrs. Wasserman verbrachte einen großen Teil ihrer Zeit damit, die Füße auf dem Bürgersteig zu beobachten, Füße und Beine ohne Körper, die an ihrem Fenster vorbeigingen. Ein Paar Füße, ein Paar Schuhe hatten ihre Aufmerksamkeit erregt, und sie behauptete, sie kämen immer wieder zurück, um sie zum Wahnsinn zu treiben: Füße, die stehenblieben. Warteten. Sie lebte in ständiger Angst vor diesen Füßen.
Jury hatte immer wieder versucht, sie davon zu überzeugen, daß es die Füße
nicht gab und daß es ihn auch nicht gab; schließlich begriff er aber,
daß er sie dadurch nur noch mehr verunsicherte. Sie mußte daran glauben. Jury
hatte ihr also das ganze letzte Jahr über geholfen, ihre Wohnung in eine uneinnehmbare
Festung zu verwandeln: stärkere Gitter, Schlösser, Ketten, Alarmanlagen. Trotzdem
tauchte sie unweigerlich immer wieder bei ihm auf. Und er installierte immer
etwas Neues - noch ein Schloß oder noch eine Alarmanlage -, und jedesmal war
sie unendlich erleichtert. Er versicherte ihr, daß es einfacher sei, New Scotland
Yard zu plündern, als in die Wassermansche Wohnung einzudringen, und sie fand
das sehr komisch. Inzwischen fiel ihm aber auch nichts Neues mehr ein. -
Martha Grimes, Inspektor Jury schläft außer Haus. Reinbek bei Hamburg 2000
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