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Ich ging schon jung ins Bordell für flüchtige
Begegnungen, die mich nicht ganz befriedigten. Das Bewußtsein, daß Strümpfe,
Strapse und BHs, all diese Kniffe, die den erotischen Akt begleiten und
verschönern und die den Menschen vom Tier unterscheiden, mit dem Liebesakt
verbunden sind, stellte sich erst später ein. Ich habe noch nie eine Kuh
mit Strapsen gesehen ... obschon ... wenn man es sich überlegt, es wäre
nicht schlecht!
Der beste Augenblick für die Liebe ist der Nachmittag, in der Nacht
machen es zu viele. Ich träume von einer Junggesellenwohnung voller Spiegel,
mit "Sofas so tief wie Gräber", mit Musik und Parfüm ... Mit meinem
Talent sollte ich die Möglichkeit haben, so etwas zu machen. Manchmal werde
ich wütend, wenn ich denke, daß ich mit einem Bein schon im Grab stehe
und diese tiefen Sofas nie gehabt habe. Mir bleibt nur das Grab, das ist
alles. Nun, ich hoffe wenigstens, daß die schönsten Frauen von Paris -
und
ich kenne einige - zu meinem Begräbnis kommen werden. - Léo Malet,
Stoff für viele Leben. Autobiographie. Hamburg 1990 (Edition Nautilus)
Sofa (2)
Sofa (3)
Sofa (4)
Sofa (5)
Sofa (6) Halm deutete ein bißchen
übertrieben auf sein Rückgrat. Sabine holte sofort das Bienengift. Er
mußte sich auf das sonnenbeschienene Sofa legen. Er gab zu, wie gern er
sich von Sabine einreihen lasse. Als sie damit fertig war, zog er sie zu
sich auf das Sofa, auf dem nicht genug Platz war für zwei, die
nebeneinander liegen wollen. Er preßte Sabine gegen die Lehne, sagte
Provozierendes, das wahrscheinlich ihn selber mehr provozierte als
Sabine. Er sagte nicht, daß sie seit der Operation ihrer Mutter ziemlich
berührungslos nebeneinander herlebten. Er sagte nicht, daß sie jeden
Abend die Operetten-Pantöffelchen ihrer Mutter gegen ihn einsetze. Er
sagte nicht: Wir sind allein, Sabine, die Sonne scheint auf uns und dort
liegt oder schwebt San Francisco. In diesem Augenblick strebte über der
gleißenden Bay ein weißer Hubschrauber wie ein exemplarisches Sperma
durchs Himmelsblau. Das sagte er auch nicht. Er bearbeitete Sabine so,
daß er sich selber an den rapist erinnerte. Ihn animierte die
Häßlichkeit der Situation. Die halb entblößten Unterkörper m der grellen
Sonne. Zu wenig Platz. Zu wenig Stimmung. Gar keine Stimmung. Sabine
ertrug die unschöne Verrichtung mit einem vernichtenden Gleichmut. Halm
dachte, dagegen müßte die schreiende Gegenwehr der draußen
Vergewaltigten die reinste Anregung sein. Er wollte wohl demonstrieren,
daß Sabine und er sogar so etwas Furchtbares wie diesen
Geschlechtsverkehr in der prallen heißen Mittagssonne auf dem
ungeeignetsten Sofa der Welt hinter sich bringen konnten, ohne einander
danach zu ermorden. Er brachte nur ein einziges Wort heraus:
Entschuldigung. - Martin Walser, Brandung. Frankfurt am Main 1987
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