cheiterhaufen In
Lissabon gibt es jährlich an Allerheiligen einen festlichen Scheiterhaufen,
wohin die papistischen Inquisitoren Unglückliche unter dem Vorwand der Ketzerei
zum Verbrennen führen, wobei sie die Sache des als Gott verkleideten Teufels
betreiben. Nichts Grauenhafteres oder Grausameres auf der Erde als dieses Verbrechen.
An eben diesem Allerheiligentag des Jahres 1755 ereigneten sich ein Erdbeben,
Überschwemmung durch das Meer, Brände und alle grausamen Strafen Gottes gegen
hartnäckige Sünder. Die halbe Erde bebte, wodurch er offenbarte, daß er weiß,
hört und sich der Unglücklichen erbarmt, auch der Ketzer.
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Scheiterhaufen (2)
Scheiterhaufen
(3) Phiolen mit Schlangenöl, Mumien und Gebeine wurden
auf der Brustwehr des Turmes aufgestellt. Der Scheiterhaufen wuchs und war nach
drei Stunden zwanzig Ellen hoch. Endlich wurde es dunkel, und Karathis, die
ihre Obergewänder abgelegt hatte, klatschte ekstatisch in die Hände. Die Stummen
folgten ihrem Beispiel. Vathek aber, von Hunger verzehrt, konnte sich nicht
mehr aufrecht halten und sank ohnmächtig um. Karathis schwenkte eine Fackel,
und bald fingen die trockenen Hölzer Feuer. Das Giftöl ging in tausend blauen
Flammen auf, die Mumien verbrannten mit dünnen schwarzen Dampfwolken, die Rhinozeroshörner
brodelten, und das alles verbreitete einen so furchtbaren Gestank, daß Vathek
mit einem Satz aus seiner Ohnmacht auffuhr und entgeistert wilde Blicke in den
Brand schleuderte. Das siedende Öl troff in Strömen über, und die Negerinnen,
die dauernd neues nachgossen, stimmten mit wildem Geheul mit ein in das Geschrei
der Karathis. Schließlich wurde das Feuer so stark und der Widerschein des Brandes
auf dem glatten Marmor so unerträglich blendend, daß es der Kalif vor Hitze
und Rauch nicht mehr aushielt und in sein Zelt floh.
- William Beckford, Vathek. Stuttgart 1983 (Bibliothek
von Babel, Bd. 3. Hg. J. L. Borges)
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