udermädchen  Wir waren eine Bande von einem Dutzend damals, wohnten im Haus Galopois in Chatou und führten dort ein sonderbares Leben, immer halb nackt und halb betrunken. Die Sitten der heutigen Ruderer sind ein wenig anders geworden. Die Herren tragen Monokel.

Unsere Bande hatte ihre zwanzig Rudermädchen, reguläre und irreguläre. An manchen Sonntagen waren es vier; an anderen alle. Die einen lebten sozusagen auf Bleibe bei uns, die anderen kamen, wenn sie nichts Besseres vorhatten. Fünf oder sechs waren Gemeinbesitz für die Unbeweibten von uns, unter ihnen Ça ira.

Sie war ein armes, mageres Mädchen, das hinkte, was ihr etwas von einer Heuschrecke gab. Sie war scheu, linkisch, ungeschickt in allem, was sie anfaßte. Sie hakte sich furchtsam bei dem Bescheidensten, am wenigsten Beachteten, am wenigsten Bemittelten von uns ein, der sie einen Tag oder einen Monat, je nach seinen Möglichkeiten, aushielt. Wie sie unter uns geraten war, wußte niemand mehr. Hatten wir sie eines Trinkabends beim Rudererball getroffen, auf einem unserer Frauenfänge, wie wir sie oft machten, mitgeschleppt? Hatten wir sie zum Frühstück eingeladen, als wir sie allein an einem kleinen Tisch in einer Ecke sitzen sahen? Keiner von uns hätte es mehr sagen können; aber sie gehörte zur Bande.

Wir hatten sie Ça ira  getauft, weil sie immer über das Schicksal, über ihr Pech, über ihre Unglückssträhnen klagte. Jeden Sonntag fragten wir sie: »Na, Ça ira, wie geht's?« Und sie antwortete unabänderlich: »Ach, nicht besonders, aber man muß hoffen, daß es eines Tages mal besser geht.«

Wie war dies arme, reizlose, linkische Wesen dazu gekommen, ausgerechnet das Gewerbe zu ergreifen, das am meisten Anmut, Geschick, List und Schönheit erfordert?  - (nov)

 

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