Papst, teuflischer  Zu allen Zeiten hatte der Teufel unter den Menschen viele Freunde. Und unter diesen waren, wenn wir alten Zeugnissen glauben dürfen, nicht weniger als zwei Päpste der katholischen Kirche.

Der erste ist JOHANN XII — Sohn Alberichs II und Enkel der berüchtigten Marozia —-, der von 954 bis 964 Papst war. Noch sehr jung bestieg er den Stuhl Petri. Er lebte durchaus nicht vorbildlich. Im Intimat, das die im Jahre 963 vom Kaiser Otto einberufene römische Synode abfaßte und Johann XII zu einer Rechtfertigung aufforderte, steht unter anderem:

„Wisset, daß nicht nur einige, sondern alle, Laien sowohl wie Priester, euch des Mordes, des Meineids, der Entheiligung der Kirchen und sogar der Blutschande mit euren Eltern und mit zwei Schwestern angeklagt haben. Andere Dinge, erklären sie, widern das Ohr an, sie zu hören, das heißt, daß ihr beim Wein dem Teufel zugetrunken habt (diaboli in amorem) und im Rausch Jupiter, die Venus und andere Dämonen (ceterorumque daemonorum) angerufen habt."

Die Anschuldigungen sind schwerwiegend und stammen von den Feinden Johannes XII. Aber man kann sich wohl denken, daß nicht alles nur erfunden sein konnte, denn es handelt sich hier um Dokumente einer Synode, an der Kardinäle und Bischöfe teilgenommen haben. Und außerdem bezeugen diese Anschuldigungen auch der Gelehrte Liutprando und der Bischof von Cremona. Nach dem, was wir von den Sitten Roms des zehnten Jahrhunderts wissen, besonders von dem Papst Johann XII., Alberich II. und der Großmutter Marozia —, dürfte es als durchaus glaubhaft erscheinen, daß Johann XII, keineswegs ein Heiliger war. Und es ist auch gut möglich, daß er einmal, vom Wein berauscht, auf die Gesundheit des Teufels getrunken und jene heidnischen Götter, die im Mittelalter als Dämonen bezeichnet wurden, angerufen hat.

Von einem späteren und berühmteren Papst, von SYLVESTER II, sagt man, er habe mit dem Teufel Handel getrieben! Gerbert d'Aurillac hatte sich lange Zeit in Spanien aufgehalten, wo er auch studierte. Und gerade zu dieser Zeit — im Mittelalter — blühten in Toledo die magischen Wissenschaften. Sylvester II nun, der von 999 bis 1003 Papst war, galt nicht nur als ein hochgelehrter Theologe, sondern auch als Wissenschaftler auf etlichen profanen Gebieten. Vielleicht hat ihm gerade dieses reiche Wissen den Ruf eines Magiers verschafft. Er war ein Schüler von Teofilatto gewesen — dem späteren Papst Benedikt IX —, der, wie man sich wenigstens erzählte, die Dämonen anbetete und mit ihrer Hilfe die Frauen verführte. Eine Anspielung auf die Magie Sylvesters II findet man schon in einem Gedicht, das einer seiner Zeitgenossen, der berühmte ADALBERONE, Bischof von Lâon, im Jahre 1006 geschrieben hat. Doch der erste, der eingehend über die Beziehungen Gerberts mit dem Teufel berichtete, ist Beno oder Benone, den Stefan IX im Jahre 1058 zum Kardinal ernannte. Dieser Benone, der sich von Gregor VII abgewandt hatte, schrieb kurz nach 1088 zwei scharfe Angriffe, die in einer Broschüre unter dem Titel Gesta Romanae Ecclesiae contra Hildebrandum veröffentlicht wurden und in der auch Sylvester II erwähnt wird. Über den Tod Sylvesters II heißt es dort: „Einer seiner Teufel sagte ihm, daß er nicht stürbe, bevor er nicht in Jerusalem eine Messe lesen würde." Natürlich glaubte der Papst, daß es sich um die Stadt Jerusalem handele. Eines Tages begab er sich, um die Messe zu lesen, in eine sehr alte Kirche Roms, die Santa, Croce in Jerusalem hieß. Sie steht heute noch und ist offenbar eine Stiftung der Kaiserin Helene. In dieser Kirche wurde Sylvester II von einem Übelsein befallen und glaubte sich dem Tode nahe. „Als er den Tod nahen fühlte", fahrt Benone fort, „bat er inständig, man möge ihm Hände und Zunge abschneiden, mit denen er Gott entehrte, weil er sie dem Teufel geopfert habe."   - Giovanni Papini, Der Teufel. Anmerkung für eine zukünftige Teufelslehre. Stuttgart 1955

 

Papst, undogmatischer Teufel

 

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