ardinal  Der Kardinal de Richelieu war von guter Abkunft. Schon in seiner Jugend sprühte er von Funken seines Wertes: auf der Sorbonne zeichnete er sich aus; man vermerkte sehr bald, daß ihm Kraft und Lebhaftigkeit des Geistes eigneten. Für gewöhnlich war er recht entschlußfreudig. Sein Wort war er gewohnt zu halten, solange nicht ein überwiegendes Interesse ihn zum Gegenteil vermochte; und auch dann unterließ er nichts, den Schein von Treu und Glauben zu wahren. Freigebig war er nicht; doch gab er mehr, als er versprach, und Wohltaten wußte er großartig einzukleiden. Den Ruhm liebte er mehr, als die Moral erlaubt; aber man muß zugeben, daß er die Freiheit, die er sich da im Übermaß seines Ehrgeizes nahm, nur nach Maßgabe seiner Verdienste nutzte. Weder Kopf noch Herz erhoben ihn über die Gefahren; doch waren sie ihnen auch nicht unterlegen; man kann sagen, daß er ihnen öfter durch Scharfsinn entging, als daß er sie durch Festigkeit überwand. Er war ein guter Freund; gern sogar wäre er von der Menge geliebt worden; obwohl er jedoch über die Höflichkeit, die Erscheinung und viele andere Eigenschaften verfügte, die eben dazu verhelfen können, so mangelte ihm immer jenes ›je ne sais quoi‹, dessen da weniger zu entraten ist als bei jedwedem anderen Geschäft. Die persönliche Majestät des Königs erdrückte er durch seine Macht und seinen königlichen Prunk; mit solcher Würde aber entledigte er sich der königlichen Aufgaben, daß man schon aus dem gemeinen Volk herausragen mußte, um hierin noch das Böse vom Guten zu unterscheiden. Scharfsinniger als sonst wer auf der Welt unterschied er zwischen dem Schlimmen und dem Schlimmsten, dem Guten und dem Besten, was eine wichtige Tugend ist für einen Minister. Allzuleicht verlor er die Geduld bei den kleinen Anstalten, die den großen vorausgehen mußten; doch dieser Fehler, der in der Überlegenheit des Geistes seinen Ursprung hat, ist immer verbunden mit Einsichten, die ihn ausgleichen.

Für diese Welt besaß er Religion genug.

Zum Guten entschloß er sich aus Neigung oder aus Überlegung, solange jedenfalls sein Vorteil ihn nicht zum Bösen trieb, über das er, wenn er es tat, sich keiner Täuschung hingab. Das Wohl des Staates bedachte er nur für die Dauer seines eigenen Lebens; niemals jedoch hat ein Minister sich zäher bemüht, glauben zu machen, er sorge für die Zukunft vor. Endlich ist zu bekennen, daß alle seine Laster von jener Art waren, die durch eine große Laufbahn leicht zu Ruhm verhelfen, weil sie zu denen gehörten, die ohne große Tugenden nicht zum Ziele kommen. Urteilen Sie selbst: ein Mann, der so große Eigenschaften in der Tat besitzt, und von denen, die er nicht besitzt, so sehr den Anschein, hat es leicht, sich in der Welt jenes Ansehen zu sichern, das vom Haß die Verachtung zu sondern weiß und das in einem Staat, der kein Gesetz mehr kennt, diesem Mangel wenigstens für einige Zeit abhilft.

Der Kardinal Mazarin war von ganz entgegengesetztem Charakter. Von niedriger Abkunft, verlebte er eine schmachvolle Kindheit. Am Ausgang des Kolosseums lernte er beim Spiel zu betrügen, was ihm Stockschläge von einem römischen Goldschmied namens Moreto eintrug. Er wurde Infanterie-Hauptmann im Veltlin, und Bagni, sein General, hat mir erzählt, daß er während jenes Feldzugs, der nur drei Monate dauerte, lediglich als Gauner galt. Durch die Gunst des Kardinals Antonio [Barberini], die auf ehrlichem Wege damals nicht zu erringen war, kam er zur Außerordentlichen Nuntiatur in Frankreich. Er machte sich, durch seine lockeren Geschichten aus Italien, bei Chavigni beliebt, und über diesen bei Richelieu, der ihm den Kardinalshut verschaffte; aus dem gleichen Geist heraus, so hat man schließen müssen, der Augustus antrieb, dem Tiberius die Nachfolge des Reiches zu überlassen. Der Purpur jedenfalls hinderte ihn nicht daran, unter Richelieu ein Lakai zu bleiben. Nachdem ihn die Königin, was sonst auch darüber gesagt werden mag, eben doch nur in Ermangelung eines anderen, gewählt hatte, erschien er zunächst als die Originalfigur zu einer Hochstaplerkomödie im Trivelintheater, Durch sein Glück verblendet, wie alle andern mit ihm, wollte und sollte er die Rolle eines Richelieu spielen; doch über schamlose Nachahmung kam er nicht hinaus. Ihm geriet zur Schande, wo der andere Ehre geerntet hatte. Über die Religion spöttelte er. Er versprach alles, da er nichts zu halten gesonnen war. Er war weder zartfühlend noch grausam, da er für Wohltaten so wenig wie für Beleidigungen ein Gedächtnis hatte. Er liebte sich selbst allzu sehr, was in der Natur feiger Seelen liegt; und er achtete sich nicht genug, was zum Wesen jener gehört, denen nichts an ihrem Rufe liegt. Da er oft Angst hatte, sah er Schlimmes mit ziemlicher Sicherheit voraus; aber seine Vorkehrungen dagegen waren nie angemessen, weil seine Klugheit seiner Angst nicht gleichkam. Er besaß Witz, Überredungsgabe, ein munteres Wesen und gute Manieren; doch der üble Kern schlug immer durch, und zwar so sehr, daß jene Qualitäten im Unglück geradezu den Charakter des Lächerlichen erhielten, und auch im größten Glück den des Schurkischen nicht verloren. Was keiner vor ihm fertiggebracht hatte: er trug die Gaunerei ins Ministeramt; und dieser Gaunerhaftigkeit wegen paßte das Ministeramt, selbst unumschränkt und mit Glück verwaltet, nicht zu ihm, und Verachtung schlich sich ein, die gefährlichste Krankheit für einen Staat, deren Ansteckung nämlich am raschesten vom Haupt auf alle Glieder übergreift. - (retz)

Kardinal (2) Die Memoiren des Kardinal Retz  haben ein hohes, in einem oder dem andern Bezug unvergleichliches literarisches Verdienst. In der Literatur gibt es kein Werk, welches die kleinen Motive der Menschen und ihre Gegenwirkungen gegeneinander, den Wechsel der Stimmungen und die Gründe desselben so lebendig und treffend vergegenwärtigt wie diese Denkwürdigkeiten. Im Altertum hat man etwas Ähnliches nicht gedacht; die neuere Zeit hat es öfter versucht, aber noch nicht erreicht. Nur ein Mann, der sein Leben in der Benutzung der kleinen Motive zugebracht hat, war zu einer solchen Hervorbringung fähig. Retz setzte sich über die Rücksicht auf guten Ruf hinweg und hat doch nicht eigentlich die Bosheit, andere absichtlich herabzuwürdigen. Wie könnte er sonst der große Portraitmaler sein, der er ist? Seine Bildnisse haben eine Feinheit des Pinsels und Sicherheit der Konturen, welche man nur bei den großen Meistern findet. - Leopold von Ranke

Kardinal (3)   Beruft sich der Mensch für seine Liebe auf die Tiere, kann er viel Direkteres im Auge haben; da heißt es von dem, der hemmungslos liebt, er benehme sich animalisch. Die Tiere müssen für eine Sexualität herhalten, die für sie selber gar nicht gilt. Es mag einige verwundern, wenn nicht gar schockieren, daß der Mensch kopuliert, ohne an den Erhalt der Art zu denken, gar Mittel erfindend, die Schwängern und Empfängnis verhüten. In der Hinsicht benehmen sich die Tiere nicht menschisch. Sie vereinen sich ausschließlich im Dienst der Fortpflanzung. Insofern werden sie den Vatikanischen Forderungen gerechter als viele, die im Namen der Römischen Kirche getauft wurden, von den andern schon gar nicht zu reden. Es wäre daher nur recht und billig, wenn Tiere im Kardinalskollegium vertreten wären. - (loe2)

Priester

 

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