itgefühl   Wir kamen auf das Mitgefühl für die Nöte der Mitmenschen zu sprechen.

JOHNSON. «Ach ja, da wird viel Wesens davon gemacht, aber man übertreibt. Wir haben zwar ein gewisses Mitgefühl, das uns veranlaßt, Gutes zu tun, aber mehr ist uns nicht gegeben. Es hätte auch keinen Sinn, wir würden nur elend.»

BOSWELL. «Angenommen aber, einer Ihrer Freunde würde für ein Vergehen gefaßt, das ihn an den Galgen bringen Könnte?»

JOHNSON. «Ich würde mein möglichstes tun, ihn durch Bürgschaft freizukriegen, und ihm auch sonst in jeder Weise beistehen, aber wenn er einmal richtiggehend gehängt ist, wurde es mich weiter nicht anfechten.»

BOSWELL. «Würden Sie an dem betreffenden Tag zu Abend essen?»

JOHNSON. «Jawohl, und zwar so herzhaft, wie wenn er dabei mithielte. Übrigens, da ist doch Baretti, der morgen vielleicht zum Tode verurteilt wird. Freunde haben sich massenhaft für ihn eingesetzt, und doch, falls er gehängt werden sollte, wird keiner deswegen auch nur ein Stück Pudding weniger essen. Es ist wirklich nicht weit her mit dem Mitgefühl und seiner Macht über unser Gemüt- (johns)

Mitgefühl (2)  Nie ist eine Frau entzückender, als wenn sie haargenau spürt, wie sehr ein Mann von ihrem Liebreiz betört ist, sie sich aber nichts anmerken läßt, sondern auf mütterliche Art mitfühlt und an dem Zustand, der ihn übermannt und möglicherweise auch sie selbst - gewissermaßen teilhat. - Tommaso Landolfi, Der Mondstein. Zürich 1995 (zuerst 1972)

Mitgefühl (3)   Von einer Musikstudentin, die Herrn Weingarts ab und an besuchte, pflegte sie zu sagen, das sei eine »flotte Biene«, ein Ausspruch, den Hanne wiederholte. Eugen fragte sich, ob Frau Doktor Hartl am Ende gar Rivalitätsgefühle diesem Mädchen gegenüber hege; denn interessiert war sie an allem, was zu Weingarts in Beziehung stand.

Jawohl, sie war ein mitfühlender Mensch und hatte nichts Gespreiztes an sich. Sie sei Mitglied des Vereins für offene Aussprache, pflegte sie zu sagen. Alles, was sie erzählte, charakterisierte die Menschen, die sie beschrieb.

Was ein Mann anhatte, das war für sie wichtig. Fürs Legere und fürs Lockere hatte - jedenfalls, was die Mode anging - sie nichts übrig. Ein Mann mußte für Frau Doktor Hartl Anzüge von elegantem Schnitt tragen, ungefähr wie ein Aufsichtsratsmitglied. Schließlich gehörten ihre Freunde und Bekannten alle zur oberen Gesellschaftsschicht, und wenn sie beispielsweise nach einem Arzt gefragt wurde, empfahl sie den von ihr bevorzugten Mediziner mit den Worten: »In unseren Kreisen geht man zum...« Auf diese Weise lobte sie auch Kaffeehäuser oder Schuhgeschäfte.

Standesbewußt also war Frau Doktor Hartl, allerdings mit einer Art von tolerantem Touch. So erzählte sie von einem Geiger, der habe sich eine neue Gattin zugelegt, während seine Frau zu seinem Kollegen von der Pariser Musikakademie übergewechselt sei: »Das geht halt so. Ein reger Austausch.« Und sie machte eine Geste, als deute sie die Bewegungen von Lokomotiven auf einem Verschiebebahnhof an.  - Hermann Lenz, Herbstlicht. Frankfurt am Main 2000

Mitgefühl (4) Wir lerntn Abila Sanhes persönlich um das jar 1936 in Linares N.L. kennen und trafen ihn schpeter in Monterei in sainem haim, das wohlhabend und glücklich schien. Als wir ihn jare schpeter in Samora besuchten war der aindruk ein föllich andrer. Wir bemerktn das das haim in sainen grundfestn erbebte und so geschah es auch, denn wenige wochn schpeter verlies ihn seine erste gattin und darauf zerstreutn sich die kinder. Schpeter in San Luis Potosi traf er ain wolgesintes junges medchen das für ihn simpati emfant und ainwilligte, ihn zu hairatn: so gründete er aine zwaite familje die selbstlos mehr ertrug als die erste und ihn nicht verlies.

Was kam zuerst bei Abila Sanhes, die gaistlge verwirung oder der alkoholismus ? Wir wisn es nicht aber baide zusamn warn der ruin saines lebns und der grünt für sainen tot. Ain kranker in seinen letztn lebensjarn, wurde er von uns aufgegebn da wir wustn das er ain Selbstmörder war der rasch sainem unfer-maidlichn ende entgegnging. Fatalismus ergraift uns, wenn wir menschn sehn die ainem nahn und tragischn Untergang so unfermaidlich zusteuern. Der entschwundne glaubte an ein künftiges lebn; wenn er es gefunten hat, so möge ihm dort das glük beschiedn sain, das wir sterblichn alle, der aine mehr der andre weniger, so sehr erstrebn.   - (ray)

Mitgefühl (5) »Es muß«, dachte Sam, »eine Grenze für das Mitgefühl geben, das eine Seele anderen Seelen schenken kann - oder alles würde untergehen. Absolutes Mitgefühl mit dem Leiden würde Tod bedeuten. Wenn Christus sich bis zum Letzten in den Schmerz der Welt eingefühlt hätte, wäre es ihm schwergefallen, noch den Tag seiner Kreuzigung zu erleben. Doch was heißt das? Heißt das Rückzug von der Hölle, auf die wir starren? Heißt es, jede Seele hat ein Recht, zu vergessen, wenn sie vergessen kann? Mitgefühl mit dem Schmerz zerstört das Glück. Es kommt ein Punkt, wo wir, um überhaupt zu leben, vergessen müssen!«     - (cowp)

Mitleid

 

Oberbegriffe
zurück 

.. im Thesaurus ...

weiter im Text 
Unterbegriffe

 

Verwandte Begriffe
Synonyme