Hochzeitsgeschenk  Überallhin begleitete sie das lederne, weiße Laken als wertvolles Besitztum, sonst das Ehegeschenk der Mutter, die es selber gerbte... Aber der Fluch, den die heimtückische Machi hineingerieben hatte, wirkte sich an der jungen Frau aus, die sich einbildete, seltsame wilde Tiere zu sehen, von denen kein Mensch mehr wußte als daß die Ahnen davon wie von einer Fabel erzählt hatten, nicht von einer wahren Begebenheit. Von unvordenklichen Tiermenschen. Sie hörte, wie die Tiere sie riefen mit gebrochenen, traurigen Stimmen, um sie anzulocken. Sie sah den ›Gut Gekämmten‹, sah seine übereinanderliegenden Reihen von spitzen Zähnen, sah ihn vor sich, der halb Mensch halb Schlange war und sah, wie er mit seinem furchtbaren Schlangenschweif alles tötete mit einem Schlage. Sie zitterte vor dem grinsenden Schreckgespenst, das aus jeder Höhle, jedem hohlen Baum hervorlugte mit dem unheimlich drohenden Gesicht eines tierischen Menschen, der sie beschwörend anstarrte mit befehlenden Augen .. .

Kaum hatte die junge Frau hie und da etwas Ruhe vor der Erscheinung, als sie sich plötzlich von einer andern Erscheinung umgeben, ja verfolgt sah: das entsetzliche Urwaldgeschöpf, ›Die lockig Gekämmte‹ kreiste sie ein, schüttelte wild die roten Locken, die das stierende Gesicht eines weiblichen Wesens umgaben und streckte die von einem Löwen entlehnten Beine mit den kralligen Pranken nach ihr aus, während die hinteren die eines Riesenfuchses waren, die sich sprungbereit verhielten. Der vollkommen grün gefärbte Körper kroch dann langsam näher, sich die Flanken peitschend mit dem Riesenschweife, der aus einem Blatte der Pangue bestand, dem wilden Rhabarber, der sich im Urwald zu ungeheuren Dimensionen auswächst, so daß ein Blatt einen Menschen einzuhüllen vermag. Schier verbergen konnte sich das Untier unter der grünen Decke.  - (arauk)

Hochzeitsgeschenk   Mitten im Fluß fühlte Deianeira die freche Hand des Nessos. Sie schrie auf. Der Sohn des Zeus war am anderen Ufer eben angekommen. Er wandte sich um, und sein Pfeil durchbohrte die Brust des Kentauren. Nessos starb nicht sogleich. Im Sterben hatte er noch Zeit, die Frau des Herakles zu betrügen. Er wollte ihr noch eine letzte Wohltat erweisen, so lautete seine Lüge. Das Blut, das aus seiner vergifteten Wunde flösse, hätte große Zauberkraft. Sie sollte es auffangen. Deianeira trug wohl, wie die griechischen Reisenden es gewöhnlich taten, eine kleine Flasche mit sich für das Trinkwasser. Herakles würde, log der Kentaur, in keine andere Frau sich verlieben, wenn er das Hemd trüge, das mit seinem Blut durchtränkt würde. Deianeira folgte dem verhängnisvollen Rat, fing das Blut des Nessos auf, indem er sterbend das Ufer erreichte, und verwahrte es zu Hause m einem ehernen Kessel versteckt.

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Deianeira glaubte den Augenblick gekommen, vom Geschenk des Nessos Gebrauch zu machen. Sein Blut hatte der Kentaur gegeben und verwahren lassen, damit Herakles zugrunde gehe. Er sah voraus, daß die Gelegenheit kommen wird. Seine Gabe und die Betörung der Deianeira bildeten zusammen das Kentaurengeschenk. Es wurde auch von einem Orakel erzählt, das dem Heros vorausgesagt hatte, kein lebendiges Wesen, nur ein Bewohner der Unterwelt werde ihm den Tod bringen. Ahnungslos nahm er jetzt das vergiftete Prachtgewand entgegen, das ihm die ahnungslose Deianeira schickte, damit er es bei dem Dankopfer an Zeus trüge. Aber als das Kleid anfing, seine Haut zu brennen, und er den vergifteten Stoff nicht mehr vom Leib reißen konnte, erkannte er bald das Zeichen und ließ sich den Scheiterhaufen auf dem Berg Oita schichten.

Es wurde später behauptet, er sei auf Rat des Apollon zu diesem Entschluß gelangt. In seinem Leiden am Geschenk des Nessos hatte er nach Delphi geschickt und erhielt die Antwort, er sollte sich in voller Bewaffnung auf den Oita bringen und dort einen großen Scheiterhaufen errichten lassen. Das Übrige würde Zeus besorgen. Doch auch nach dieser Erzählung bestieg Herakles den Scheiterhaufen aus eigenem Entschluß. Dem Entschluß ist, so wird es in der Tragödie ›Die Frauen von Trachis‹ berichtet, ein ungeheuerlicher Ausbruch des Zornes vorausgegangen. Die Schmerzen, die er am Körper fühlte, vereinigten sich mit dieser Krankheit der Heroen, ihrer Anfälligkeit für den Zorn, der eigentlich immer an Wahnsinn grenzt. Den Boten, der ihm das tödliche Gewand überbrachte, warf er ins Meer vom Kenaion286, dem nordwestlichen Vorgebirge der Insel Euboia, wo er dem Zeus opfern wollte. Nach Hause gebracht, nach Trachis, wollte der Leidende an Deianeira Rache nehmen. Sie aber hatte sich schon mit dem Schwert das Leben genommen, als sie die Wirkung ihrer Tat erfuhr. - (kere)

 

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