eschichte erfinden  „In der Oper erklang der Chor. Doppio soldo... Te deum ... Gloria! Viva il Re! Si festeggi la victoria!"

„Un tal baccano in chiesa!" sang er vergnügt. „Bel rispetto!"

„Der Transvestit drehte mir den Rücken zu, legte sich bäuchlings aufs Bett, ich steckte den Plastikpenis wieder in meine Tasche und zog das Rasiermesser heraus. Ich sagte zu ihm: ,Knie dich hin, auf alle viere.' Er kniete sich hin. Ich hockte mich auf seinen Rücken, und mit meiner rechten Hand schlitzte ich ihm den Hals auf, zack, von Ohr zu Ohr. Er bäumte sich auf wie ein Pferd, wir fielen aus dem Bett, er mit dem Rücken auf mich, ich wäre beinahe unter ihm erstickt. Dann, als ich den Typen winseln und spucken hörte, als ich merkte, daß er über mir zusammenbrach wie ein in die Luft gesprengtes Gebäude, als ich seine zuckenden Bewegungen auf mir spürte, und wußte, daß er auf mir sterben würde, während Chor und Bariton sangen: Tosca, me fai dimenticare Iddio! Te aeternum Patrem omnis terra veneratur, und als der Vorhang des ersten Aktes fiel und Blut aus Mund, Nase und Hals des Transvestiten strömte, hatte ich einen Orgasmus. Den schrecklichsten, den schmerzhaftesten, den teuflischsten aller Orgasmen. Es gibt nichts, das geiler ist, als von Kopf bis Fuß mit Blut bespritzt zu sein und einen sterbenden, zitternden und zuckenden Körper auf sich zu spüren..."

Santiago drehte und wendete sich und sang: „Questo é il baccio de Tosca! Maledetta!"

„An der Stelle sind wir noch gar nicht."

„Egal, das macht nichts. Erzähl weiter. Was hast du dann gemacht?"

„Ich bin unter diesem leblosen Körper, der breitbeinig und mit starren Augen, offenem Mund und aufgeschlitztem Hals auf mir lag, hervorgekrochen, und blutüberströmt beugte ich mich über ihn, um das letzte Ritual des Messermanns auszuführen. Ich jagte ihm das Messer in die Brust, schnitt kreuzförmige Wunden in seine falschen Brüste, zog ihm die Haut ab, Silikon kam zum Vorschein, das aussah wie das ekelhafte Blut eines Außerirdischen, zähflüssiges Plastikblut, das sich krümelig über diesem Leichnam verteilte."

„Genial, einfach genial!" jauchzte Santiago.   - Andreu Martín, Die Stadt, das Messer und der Tod. Bühl-Moos, Baden-Baden  1994