rgasmus    Reich hat die Kräfte der Anziehung und Abstoßung untersucht, die in der Auslösung im Höhepunkt des sexuellen Lustgefühls im Körper enthalten sind, und die bisher in der Wissenschaft nicht als Funktionen des Nervensystems angesehen wurden. Reich folgerte weiter, daß die im Orgasmus zur Spannung und Auslösung kommenden Kräfte nicht allein an die körperlich sexuelle Funktion gebunden sind, sondern auf alle Funktionen in der Muskulatur der körperlichen Organe zu übertragen sind - eine Folgerung, die zwar schon Freud als eine psychosomatische Aufgabe der Therapie vorausgesehen, aber nicht weiterentwickelt hatte. Reich begründete damit seine Vegetotherapie.

Auf der Basis dieser Erkenntnisse wird ein neues Energie-Gesetz beschrieben, das Reich etwa wie folgt sieht: Mechanische Spannung - Elektrische Ladung - Elektrische Entladung - Mechanische Entspannung. In diesem Rhythmus zeigen sich nach Reichs Auffassung Krankheitssymptome, sobald in dem Ablauf von Spannung und Entspannung Hemmungen auftreten, psychische wie körperliche, im Einzelwesen wie in der Gesellschaft. Später geht Reich noch weiter: das gleiche Gesetz soll für den Lebensraum allgemein gelten, die Atmosphäre und den Kosmos. - Franz Jung, Der Psychoanalytiker Wilhelm Reich. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1, Salzhausen / Frankfurt am Main 1981

Orgasmus  (2)

Orgasmus  (3)  Da, wie ich auf dem höchsten Punkt der Begeisterung bin, dem gespanntesten Bogen ... was denn! Was geschieht mir? Was geht vor?

Sind die Bilder des indischen Pantheons, mit denen ich mich umgeben habe, daran schuld, wo an der Seite der Götter jene Göttinnen auftreten, die mit Bedacht wollüstig gemeißelt sind, wohlgerundet, zur Liebe bestimmt?

Ist es die Tatsache, daß ich vor kurzem in der Dissertation des Dr. Wilhelm las, geistesgestörte Frauen hätten auf Meskalin mit obszönen Worten und Haltungen reagiert, ein Bericht, der mich darüber belehrte, daß die kalte, metaphysische Droge auch erotisierend wirken kann und daß man sich früher oder später auch auf solche Erlebnisse gefaßt machen müsse, Überlegungen, die mich unterschwellig in die entsprechende Bereitschaft versetzt haben konnten? Oder sollten diese beiden Gefühlshaltungen, Erotik und Mystik, wirklich so nahe benachbart sein?

... Plötzlich, ohne daß meine Begeisterung von vorhin aufhört - ganz im Gegenteil, sie steigert sich immer mehr, nur hat sie sich auf einmal umgeformt-, plötzlich sehe ich (in der inneren Schau)...

Ach! was kann sich alles in einem Augenblick darbieten, sich verstecken, sich auf tun!

Sintflut von Unflat, überall wogend, brandend, den ganzen Gesichtskreis einnehmend und den Gesichtskreis meiner Seele und ihrer Sehnsüchte. Ich bin davon erstickt, geblendet. Ich habe noch nicht begriffen, was mir geschah, ich will mir weismachen, daß diese Bilder, so unwahrscheinlich ausschweifend sie sind - eine Ausschweifung auf der Stufe des Meskalins, das heißt eine unendliche -, daß diese Bilder keine Folge haben werden.

Glaube ich das wirklich? Und ich bin soweit, mich zu fragen, ob ich das unerhörte Schauspiel noch eine weitere Minute ansehen soll oder nicht. Habe ich denn noch gar nicht begriffen?

Was denn? Daß es nicht so sehr auf die Vision ankommt, sondern auf die als Verräterin über mich gekommene Trance, die mich emporhebt und sich steigert, sich steigert, sich steigert und mich drängt und voranstößt kopfüber in eine Wonne, in eine nicht körperliche, nicht örtlich bedingte, sondern innere, wesenhafte, in mir zentral aufstrahlende Wonne, die mich hinreißt, mich einfängt, mich berauscht, mich umwirft, mich zersetzt, mich auflöst, in einer überschwenglichen Entzückung, ungehemmt, ohne Gegengewicht, ohne Kritik, ohne irgendeine Möglichkeit, eine allesverschlingende, symphonische Lüsternheit, deren schamlose Panoramen dennoch nichts anderes sind als die Bestätigung und Illustration des vielfältigen, unerhörten zerebralen Orgasmus, der mich ohne Unterlaß gefangen hält.  - Henri Michaux, Turbulenz im Unendlichen. Die Wirkungen des Meskalins. Frankfurt am Main 1971

Geschlechtsverkehr Ekstase Lust

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