eobachter   Plattner entdeckte, daß zu fast jedem menschlichen Wesen unserer Welt einige dahinschwebenden Köpfe gehören. Jeder Mensch auf der Welt wird ständig von diesen körperlosen Wesen beobachtet.

Was sind sie — diese Beobachter der Lebenden? Plattner konnte es nie erfahren. Zwei von ihnen, die ihn dann plötzlich fanden und ihm folgten, glichen seinem Vater und seiner Mutter, wie er sie aus seiner Kindheit in Erinnerung hatte. Hier und da ließen andere Gesichter ihre Blicke auf ihm ruhen. Augen wie jene von Toten, die einmal Einfluß auf ihn gehabt hatten oder ihm etwas angetan hatten, von Verstorbenen, die ihm in seiner Jugend oder in seinem weiteren Leben geholfen hatten. Immer, wenn sie ihn anblickten, überkam Plattner ein eigenartig intensives Gefühl der Verantwortlichkeit. Er versuchte mit seiner Mutter zu sprechen, aber sie antwortete ihm nicht. Sie blickte ihm traurig, unverwandt und zärtlich, und — wie ihm vorkam — auch ein wenig vorwurfsvoll in die Augen.  - Herbert George Wells, Plattners Geschichte. In: H.G.W., Die Tür in der Mauer. Stuttgart 1983. Die Bibliothek von Babel Bd. 29, Hg. Jorge Luis Borges

Beobachter (2)   Er hatte vielleicht zwanzig Minuten dagestanden und war jedesmal unruhig geworden, wenn ihm ein Bus die Sicht nahm, als ihm nach und nach klar wurde, daß ein Mann ihn aus etwa drei Metern Entfernung beobachtete. Ein hamsterbackiger, rothaariger Mann von einigem Gewicht, der eine Brille trug und einen ziemlich wilden Gesichtsausdruck hatte. Als er bemerkte, daß sich McKechnies Aufmerksamkeit ihm zugewandt hatte, ging er gemächlich auf diesen zu, dann hinter ihm durch, legte darauf sein Pummelkinn McKechnie auf die Schulter, so daß sie jetzt beide zu den Mülltonnen hinübersahen, wandte dann den Kopf und grinste McKechnie direkt ins Gesicht, stellte sich vor ihn, kniff mit seinem großen sommersprossigen Daumen und dem Zeigefinger McKechnie neckisch in die Wange und sagte dann mit einem freundlichen, leicht irren Lächeln:

»Zisch ab.« - Dan Kavanagh, Duffy. München 2006 (zuerst 1980)

Beobachter (3)   Dem eisigen Wind ausgesetzt, hielt ich mit dem Jäger Frank den ganzen Vormittag am Beobachtungsstand des Mittelgrabens Ausschau, hart an die Sandsacktraverse gepreßt, den Blick starr auf das wüste Vorfeld gerichtet. Zu zweit kauerten wir so, nein, zu dritt, ein Toter saß zwischen uns, den Mantel fest zugeknöpft,den Kragen hochgeschlagen,und darüber hingen nur einige blutige Halsmuskeln heraus,den Kopf hatte ein Volltreffer hinweggerissen. - Nach: Uwe Nettelbeck, Der Dolomitenkrieg. In: U. N., Mainz wie es singt und lacht Die Ballonfahrer Briefe Mainz bleibt Mainz Gespenstergeschichten Der Dolomitenkrieg Nachträge Frankfurt am Main 1976 (entst. 1969-1976)

Beobachter (4)  Das Problem, dem sich die Quantentheoretiker gegenübersehen, kommt am besten Ausdruck in dem berühmten Paradox "Wer hat Schrödingers Katze umgebracht?". In einer hypothetischen Anordnung wird ein Kätzchen in einen geschlossenen Kasten gesteckt, in dem sich ein Glaskolben mit Gift befindet, über dem ein Fallhammer aufgehängt ist, bereit, den Kolben zu zertrümmern. Der Hammer wird durch einen Registrierapparat in Bewegung gesetzt, der Zufallsereignisse wie z. B. radioaktiven Zerfall registriert. Das Experiment dauert haargenau so lange, bis eine fünfzigprozentige Wahrscheinlichkeit erreicht ist, daß der Hammer ausgelöst wird. Die Quantenmechanik stellt das System mathematisch als Summe der Funktionen lebende-Katze und tote-Katze dar, beide mit einer Wahrscheinlichkeit von fünfzig Prozent. Die Frage ist, ob der Akt des Nachschauens (die Messung) die Katze tötet oder rettet; denn  ehe der Experimentierende in den Kasten schaut, sind beide Lösungen gleich wahrscheinlich. - Harold J. Morowitz, nach: Einsicht ins Ich. Fantasien und Reflexionen über Selbst und Seele.  Hg. Douglas R. Hofstadter und Daniel C. Dennett.  München 1992

Beobachter (5)

"Formicula"

- Formicula (Gordon Douglas 1953)

Beobachtung Voyeur

 

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