nendlichkeit Auf Hilbert geht das als Hilberts Hotel bezeichnete Gedankenexperiment zurück, das die merkwürdigen Eigenschaften des Unendlichen gut veranschaulicht. Dieses Hotel hat den Vorzug, unendlich viele Zimmer zu haben. Eines Tages kommt ein neuer Gast an und muß zu seiner Enttäuschung erfahren, daß trotz der unendlichen Größe des Hotels alle Zimmer belegt sind. Hilbert, der Empfangschef, denkt eine Weile nach und versichert dem Neuankömmling schließlich, er werde ein freies Zimmer finden. Er bittet alle schon anwesenden Gäste, in das nächste Zimmer zu ziehen, so daß der Gast in Zimmer 1 in Zimmer 2 umzieht, der Gast in Zimmer 2 in Zimmer 3 und so weiter. Alle, die schon im Hotel waren, haben weiterhin ein Zimmer, und der neue Gast kann ins leere Zimmer 1 einziehen.
Am Abend darauf muß Hilbert mit einem viel größeren Problem fertig werden. Das Hotel ist immer noch voll, als ein unendlich großer Bus mit unendlich vielen neuen Gästen vorfährt. Hilbert bewahrt ruhig Blut und reibt sich die Hände bei dem Gedanken an unendlich viele Hotelrechnungen. Er bittet alle schon einquartierten Gäste, in das Zimmer umzuziehen, dessen Nummer doppelt so groß ist wie die ihres gegenwärtigen Zimmers. Der Gast in Zimmer 1 zieht also in Zimmer 2, der Gast in Zimmer 2 in Zimmer 4, und so weiter. Alle Hotelgäste haben auch weiterhin Zimmer, und doch sind unendlich viele Zimmer — all jene mit ungeraden Nummern — für die neuen Gäste frei geworden.

Hilberts Hotel legt die Vorstellung nahe, alle Unendlichkeiten seien gleich groß, weil verschiedene Unendlichkeiten offenbar im selben Hotel Platz finden können — die Unendlichkeit der geraden Zahlen kann der Unendlichkeit der natürlichen Zahlen gegenübergestellt und mir ihr verglichen werden. Allerdings sind bestimmte Unendlichkeiten tatsächlich größer als andere. So ist der Versuch, die rationalen und die irrationalen Zahlen einander paarweise zuzuordnen, zum Scheitern verurteilt, und tatsächlich kann gezeigt werden, daß die unendliche Menge der irrationalen Zahlen größer ist als die unendliche Menge der rationalen Zahlen. Die Mathematiker mußten ein ganz eigenes Begriffssystem entwickeln, um mit den verschieden großen Unendlichkeiten zurechtzukommen. - (ferm)

Unendlichkeit (2)  »Ich sehe keinen anderen Ausweg als zu sagen, unendlich ist die Anzahl aller Zahlen, unendlich die der Quadrate; weder ist die Menge der Quadrate kleiner als die der Zahlen, noch ist die letztere grösser; und schließlich haben die Attribute des Gleichen, des Grösseren und des Kleineren nicht statt bei Unendlichem, sondern sie gelten nur bei endlichen Größen.«

Galilei sagt seinen Lesern damit mehr oder weniger: Mit unendlichen Größen ist irgendetwas nicht in Ordnung. Sie verhalten sich nicht wie Ansammlungen von endlichen Größen, und ich werde mich nicht weiter um sie kümmern. Und das tat er auch nicht. - (bar)

Unendlichkeit (3)  Auf dem Rückweg hatten wir außerhalb des Raumschiffs etwas zu tun. So bekam ich die Gelegenheit, mich umzuschauen, während ich draußen war. Die Erde befand sich 290 000 Kilometer entfernt zur Rechten — eine kleine hauchdünne Sichel in blauen und weißen Farben wie ein Neumond, umgeben von dieser Schwärze des Raumes. Links hinter mir befand sich ein fast voller Mond. Ich hatte nicht das Gefühl, daß mich das groß etwas anging. Es war so, als ob ich in der hintersten Reihe eines Balkons im Theater säße und auf das ganze Spiel hinunterblickte, das da unten ablief. Dieses Gefühl, daß die Unendlichkeit von Gottes eigener Schöpfung mit mir 'nichts zu tun' hatte, überkam mich nur dieses einzige Mal. - Charles Duke Jr., nach: Der Heimatplanet, ed. Kevin W. Kelley, Frankfurt am Main 1989 (zuerst 1988)

Unendlichkeit (4)  Würden die Pforten der Wahrnehmung gereinigt, erschiene den Menschen alles, wie es ist: unendlich. - William Blake

Unendlichkeit (5)  Nichts gibt so sehr das Gefühl der Unendlichkeit wie die Dummheit. - Ödön von Horvath

Unendlichkeit (6)  Als unendlich gilt gemeinhin eine Menge unvorstellbarer Größe, die man sich allenfalls noch in Bildern veranschaulichen kann wie den Sternen am Himmel oder dem Sand am Meer.

Nach Ansicht des griechischen Philosophen Anaximander von Milet (6. Jahrh. v. Chr.) ging die Welt aus einem Unendlichen hervor, das er apeiron, »das Grenzenlose«, nannte. Diesen Ausdruck benutzten die Griechen zur Bezeichnung des Unendlichen.

Während die Philosophen der Antike dem Unendlichen mit Misstrauen begegneten, waren die des Mittelalters und der Renaissance fasziniert von diesem Gedanken. Während die Mathematiker das Unendliche beherrschen, bereitet es den Physikern auch heute noch Schwierigkeiten, wenn es in ihren Berechnungen auftaucht. - (thes)

Unendlichkeit (7)  Alles ist entweder "Anfang" oder stammt aus dem "Anfang"; von dem Unendlichen aber gibt es keinen Anfang. Denn dann gäbe es auch ein Ende von ihm. Ferner muß es als Anfang ungeworden und unvergänglich sein. Denn alles, was geworden ist, muß notwendig einmal ein Ende nehmen, und von jedem Untergang gibt es ein Ende. Daher gibt es, wie ich behaupte, keinen Anfang von diesem, sondern es scheint vielmehr dieses der Uranfang aller andern Dinge zu sein und alles zu umfassen und alles zu lenken, wie jene behaupten, die nicht neben dem Unendlichen andere Endursachen annehmen, wie z.B. den Geist oder die Liebe. Und das sei das Göttliche. Denn es sei "unsterblich" und "unvergänglich", wie Anaximandros und die meisten der Naturforscher behaupten. - Aristoteles, Physik

Unendlichkeit (8)  Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit. Bei ersterem bin ich mir noch nicht so sicher. - Albert Einstein

Unendlichkeit (9)  

Unendlichkeit (10)   Man braucht bloß daran zu denken, daß dann, wenn das Weltall wirklich unendlich viele (wohlgemerkt: nicht unvorstellbar viele, sondern unendlich viele!) Sterne enthielte, an jedem noch so winzigen Punkt des Himmels unendlich viele Sterne hintereinander stehen würden. Durch unendlich viele Sterne an jedem Punkt des Nachthimmels würde aber eine unendlich große Helligkeit produziert, die daher auch noch auf der Erde unendlich groß sein müßte, ohne Rücksicht darauf, bis in welche Entfernung sich diese Sterne gleichmäßig verteilen.

»Folglich«, so erklärte Olbers, »darf es nachts eigentlich überhaupt nicht dunkel werden.« Es gab niemanden, der ihm hätte widersprechen können. Seine Schlußfolgerungen und Berechnungen waren unwiderlegbar. Aber natürlich gab es ebensowenig auch jemanden — Olbers selbst nicht ausgenommen —, der hätte bestreiten können, daß es ungeachtet dieser unwiderleglichen Beweisführung trotzdem Abend für Abend dunkel wurde. Olbers hatte durch seine Fragestellung mit anderen Worten ein klassisches Paradoxon zutage gefördert. Man behalf sich in dieser eigentümlichen und für Wissenschaftler auch ein wenig peinlichen Situation mit der Annahme, daß das Weltall vielleicht nicht ideal »durchsichtig« sei. Der Gedanke war grundsätzlich vollkommen richtig. Wie wir heute wissen, gibt es im Weltall tatsächlich riesige Staubmassen, die als ausgedehnte Dunkelwolken oder auch in feinster Verteilung als sogenannter interstellarer Staub das Licht weit entfernter Sterne nachweislich dämpfen oder auch ganz verschlucken. Damit schien die Angelegenheit befriedigend aus der Welt geschafft. Wenn das Licht der Sterne uns gar nicht vollständig erreichen kann, dann waren die theoretisch so überzeugenden Voraussetzungen des Dr. Olbers in der Praxis eben gar nicht erfüllt.

So schien die gute alte Ordnung also wiederhergestellt. Es schien aber nur so. In Wirklichkeit hatte man sich mit dieser Ausflucht, ohne es zu merken, längst in ein neues Paradoxon verstrickt. Hatte das von Wilhelm Olbers aufgedeckte Problem seine Wurzeln in der unendlich großen räumlichen Ausdehnung des Weltalls gehabt, so kollidierte der Ausweg, auf den man zu seiner Auflösung verfallen war, mit der Voraussetzung der ewigen Dauer des Kosmos.

Wenn es im Weltall Dunkelwolken gab, die das von den Sternen ausgehende Licht verschluckten, dann müßte dieses Licht (so würden wir heute folgern) die Dunkelwolken längst so stark aufgeheizt haben, daß sie ebenso hell strahlten wie die Sterne. Irgendwo muß die von den Sternen abgestrahlte Energie schließlich bleiben. Im Weltall geht nichts verloren. Wenn diese Energie uns nicht trifft, weil Staubwolken sie abfangen, dann bleibt sie eben in diesen Wolken hängen. Und so schwach diese Energie auch immer sein mag, wenn die Wolken sie eine unendlich lange Zeit hindurch ansammeln, dann glühen sie selbst früher oder später unweigerlich genauso hell wie die Sterne, und wir sind, was das Problem von Olbers angeht, wieder da, wo wir waren. Heute wissen wir, wo der Fehler steckt. Das Weltall ist eben weder unendlich groß noch unendlich alt. Damit entfällt die entscheidende Voraussetzung des Olbersschen Paradoxons. Der Angelpunkt in der Beweisführung des genialen Bremer Amateur-Astronomen ist der Begriff der kritischen »Grenzentfernung«. Wir erinnern uns: Olbers hatte aus seinen Berechnungen — vollkommen zutreffend — gefolgert, daß die Abnahme der Sternhelligkeit von einer bestimmten Entfernung ab durch die bei wachsender Entfernung überproportionale Zunahme der Sternzahl ausgeglichen werden müsse.

Diese Grenzentfernung läßt sich berechnen. Sie beträgt rund 1020 oder, anders ausgedrückt, 100 Trillionen Lichtjahre. Angesichts dieser Zahl wird einem sofort klar, warum es nachts dunkel wird. Das Weltall ist viel kleiner, als Olbers und seine Zeitgenossen es für möglich gehalten hätten. Das Weltall ist nicht nur nicht unendlich groß, sondern bei weitem zu klein, als daß die überproportionale Zunahme der Sternzahl sich überhaupt in dem von Olbers berechneten Sinne auswirken könnte. Die größte für uns reale kosmische Entfernung liegt in der Größenordnung von 13 Milliarden Lichtjahren. Das aber ist nur rund ein Zehn-milliardstel der Olbersschen Grenzdistanz. Es steht jedenfalls fest, daß wir jeden Abend, wenn es dunkel wird, den handgreiflichen Beweis dafür miterleben, daß das Weltall nicht unendlich ist, weder im Raum noch in der Zeit. - Hoimar von Ditfurth, Im Anfang war der Wasserstoff. München 1985  (zuerst 1972)

Zahlen Dummheit Größe
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