mweg   Als König Pyrrhus den Vorsatz faßte, nach Italien überzusetzen, wollte ihn Kyneas, sein weiser Ratgeber, die Eitelkeit seines Ehrgeizes fühlen lassen. Nun wohl, Herr, fragte er ihn, zu welchem Ende beginnt Ihr diese große Unternehmung? — Um mich zum Herrn von Italien zu machen, antwortete er ohne Zögern. — Und dies getan, was dann? fragte Kyneas weiter. — Dann werde ich nach Gallien und Spanien ziehen. — Und dann? — Dann werde ich hingehen und Afrika bezwingen; und endlich, wenn ich mir die Welt unterwürfig gemacht habe, will ich mich zur Ruhe setzen und ein zufriedenes, gemächliches Leben führen. — Bei Gott, Herr, versetzte darauf Kyneas, sagt mir doch, woran es fehlt, daß Ihr nicht jetzt schon, wenn Ihr es wollt, in dieser Lage seid ? Warum laßt Dir Euch nicht von Stund an zu dieser Ruhe nieder, nach der Ihr zu streben behauptet, und erspart Euch nicht all die Beschwerden und Gefahren, die Ihr Euch in den Weg legt?  - (mon)

Umweg (2)  Wenn man  fragt, worin sich das letzte und geheimste, darum aber auch das entscheidendste Wesen alles Orgienhaften ausdrückt, so kommt man bei der Untersuchung und Beantwortung dieser Frage ganz von selbst und sofort zu der spezifisch-individuellen Basis, d. h. zu den untrennbaren Zusammenhängen mit dem Individuell-Erotischen. Das Orgiastische erweist sich als der Ausdruck des allgemein menschlichen Sehnens, den ganzen Umfang aller vorhandenen, d. h. aller ersehnten Genußmöglichkeiten zu erschöpfen. Und zwar, was das Maßgebende ist: diesen ganzen Umfang in jedem einzelnen Erlebnis zu erschöpfen. Ins formal Künstlerische übertragen, bedeutet dies soviel wie: in jeder einzelnen als zusammengehöriges Ganzes zu wertenden Manifestation. Diese in allen Triebmenschen besonders stark vorhandene Tendenz führt und zwingt zum Pluralismus; worunter die vervielfachte Darstellung der Dinge innerhalb eines einzigen, sie alle umspannenden Rahmens, oder auch die Auflösung einer Gesamthandlung in eineganze Kette von Erlebnissen zu verstehen ist. Auf die Liebeserfüllung eingeengt, bedeutet dies: in jedem einzelnen Liebeserlebnis immer auch die letzte und höchste Sehnsucht erfüllt zu sehen. Aus diesem Grunde gestaltet der Künstler in jedem Bilde stets mehrere erotische Ideale zugleich. Weil man aber technisch mit einem einzigen Partner niemals den gesamten erotischen Sehnsuchtskomplex abreagieren kann, so hilft sich die künstlerische Phantasie dadurch, daß sie die Zahl der Teilnehmer in ihren Gebilden multipliziert. Das aber ist formal ausgedrückt die Orgie. Die Orgie gestattet, alles darzustellen, nicht nur eine Situation, nicht nur einen Typ, nicht nur eine Stellung, nicht nur eine Körperpartie, nein, alles ohne Ausnahme und ohne Rest, jede einzelne Nuance, woran die spezifische Wunschphantasie gefesselt ist, alle begehrten erogenen Zonen des menschlichen Körpers, alle möglichen Formen des Genießens, und alles dies im Rahmen einer einzigen Gesamthandlung. Mit anderen Worten: die der pluralistischen Mittel sich bedienende Orgie ist die intensivste Grenzerweiterung der irdisch bedingten Möglichkeiten auf dem Umweg über die Idee. - Eduard Fuchs, Die Orgie. In: (mes)

 

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