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johns
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Theaterdichter (2) Für den höheren Stab,
die Dramaturgen, die Ausstatter und Maschinenmeister, sowie die Dramenschreiber
und den ständig anwachsenden Kreis von Bewunderern, Beratern und Freunden hatte
die Piscator-Bühne eine der großen Pensionsvillen am Wannsee-Ufer
gemietet; Unterkunft, Essen und Spiele - - - alles frei. Dort, am Badestrand,
unter dem Sonnensegel entstand dann jeweils das zur Aufführung vorbereitete
Stück, in die zeitgemäße Politik interpretiert. Gedichtet wurde beim Dauerlauf
um den See, bei Hoch- und Weitsprung und einem Unter-Wasser-Zirkus. Die Dramenschreiber
waren hier allerdings bei weitem in der Minderheit, das Gros stellten literarische
Avantageure, die von der Malik-Clique hineingeschoben wurden, sogenannte Russen,
Franzosen und Upton-Sinclair-Leser dar. Ich nehme an, daß die meisten dieser
Leute inzwischen wieder mit Socken handeln. - Franz Jung, Der Weg nach unten. In: Franz Jung, Schriften, Bd. 1,
Salzhausen / Frankfurt am Main 1981
Theaterdichter (3) Ein Autor, der nur ein
einziges Theaterstück geschrieben hat, das nur ein einzigesmal auf dem, seiner
Meinung nach besten Theater der Welt und genauso seiner Meinung nach nur von
dem besten Inszenator auf der Welt und genauso seiner Meinung nach nur von den
besten Schauspielern auf der Welt aufgeführt werden durfte, hatte sich schon
bevor der Vorhang zur Premiere aufgegangen war, auf dem dafür am besten geeigneten,
aber vom Publikum überhaupt nicht einsehbaren Platz auf der Galerie postiert
und sein eigens für diesen Zweck von der Schweizer Firma Vetterli konstruiertes
Maschinengewehr in Anschlag gebracht und nachdem der Vorhang aufgegangen war,
immer jenem Zuschauer einen tödlichen Schuß in den Kopf gejagt, welcher seiner
Meinung nach, an der falschen Stelle gelacht hat. Am Ende der Vorstellung waren
nur noch von ihm erschossene und also tote Zuschauer im Theater gesessen. -
Thomas Bernhard, Der Stimmenimitator. Frankfurt am Main 1978
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