Teufelsbeschwörung  Gilles de Rais und François Prelati richten mit Hilfe von Gilles de Sille, Eustache Blanchet, Henriet und Poitou den großen unteren Saal des Schlosses Tiffauges für eine Teufelsbeschwörung her. Nach dem Mahl, vor Mitternacht, zeichnen sie mit einer Degenspitze mehrere Kreise auf die Erde, in die sie Kreuze, Lettern und Zeichen »in der Art von Wappen« einschreiben. Dann tragen Eustache Blanchet und Henriet Weihrauch, Myrrhe und Aloe, einen magnetischen Stein und Gefäße mit stark kohlehaltiger Erde herbei, die sie ebenso wie Fackeln, Pechpfannen und Leuchter anzünden. Auch ein Buch wird beschafft, in dem Beschwörungsformeln und die Namen mehrerer Geister stehen. Gilles und François stellen diese verschiedenen Gegenstände zurecht, Frangois fügt einige Zeichen hinzu und läßt dann die vier Fenster des Saales öffnen.

Darauf werden Eustache Blanchet, Henriet und Poitou ersucht, sich in das Zimmer von Sire de Rais zu begeben. Allein geblieben beten Gilles und François, abwechselnd stehend, sitzend oder knieend, zu dem bösen Geist und lesen aus dem von ihnen mitgebrachten Buch. Der Dämon zeigt sich jedoch nicht, und nach zwei Stunden der Absonderung begeben sich Gilles und François wieder in das Zimmer, wo die anderen auf sie warten. Es ist ungefähr eine Stunde vor Mitternacht.

Zweifellos handelt es sich um diese Beschwörung, bei der Gilles dem Teufel, falls er sich zeigt, eine von ihm unterzeichnete Verschreibung, die er bei sich trägt, aushändigen will. Obgleich sich kein Teufel sehen läßt, wird die Verschreibung nicht annulliert. Wir kennen nicht deren Text, aber es ist sicherlich derselbe, den Prelati am nächsten Tag Barron geben will, wenn dieser erscheint:

»Erscheine nach meinem Willen, und ich werde dir alles geben, was du begehrst, außer meiner Seele und der Verkürzung meines Lebens.«

 Auch am nächsten Tag wird der so dargebotene Pakt nicht angenommen, aber da Gilles in seinen Geständnissen bekennt, daß er dem Teufel ein solches Dokument aushändigen ließ, müssen wir schließen, daß Prelati die Übergabe desselben bei einer der zehn oder zwölf Beschwörungen, die er für Gilles veranstaltete, und bei denen sich ihm Barron, wie derTeufel sich nannte — nach seinen Aussagen — gezeigt haben soll, vorgetäuscht hat.    - Georges Bataille, Gilles de Rais. Frankfurt/Main, Berlin, Wien 1975 (zuerst 1965)

Teufelsbeschwörung (2)  Schwester, erhebe deine rechte Hand. Das siebte Mädchen erhob ihre rechte Hand. Jetzt, sagte die Tochter des Doktors, sprich mir nach: Erhebe dich aus der bärtigen Gerste. Erscheine aus dem schlafenden grünen Gras in Mr. Griffiths' Schlucht. Großer Mann, schwarzer Mann, ganz Auge, ein Zahn, erscheine aus den sumpfigen Wiesen von Cader. Sag, der Teufel küßt mich. Der Teufel küßt mich, sagte das Mädchen, das ganz kalt in der Mitte der Küche war. Küsse mich aus der bärtigen Gerste. Küsse mich aus der bärtigen Gerste. Der Kreis der Mädchen kicherte. Vögle mich aus dem grünen Gras. Vögle mich aus dem grünen Gras. Darf ich mich jetzt anziehen? sagte die junge Hexe, nachdem ihr der unsichtbare Böse begegnet war.   - (echo)

Teufelsbeschwörung (3)  Am Schluss ihrer Vorstellung in einem Nachklub in Ankara besuchte ein Mann Ingeborg in ihrer Loge und bot ihr fünftausend Pfund Sterling an, wenn sie ihn mit dem Teufel, genauer noch mit Mephistopheles zusammenbringenwürde, mit dem er den üblichen Pakt zu schließen wünschte: sein ewiges Heil gegen zwanzig Jahre Allmacht.

Ingeborg stimmte zu. Mephistopheles erscheinen zu lassen war an sich nicht schwieriger, als Swedenborg erscheinen zu lassen, selbst wenn diese Erscheinung in Gegenwart eines einzigen Zeugen sich vollziehen sollte und nicht mehr vor ein paar Dutzend oder Hundert gleichgültiger, amüsierter oder erschreckter Zuschauer, die auf jeden Fall viel zu weit von der Sache entfernt saßen, um gewisse Einzelheiten nachprüfen zu können, falls sie die Lust dazu ankam. Denn wenn dieser privilegierte Zuschauer an die Erscheinung des »Buddha des Nordens« so stark geglaubt hatte, dass er fünftausend Pfund Sterling riskierte, um den Teufel zu sehen, gab es überhaupt keinen Grund, weshalb seine Bitte nicht erfüllt werden sollte.

Blunt und Ingeborg zogen also in eine zu diesem Zweck angemietete Villa und modifizierten ihre Inszenierung im Hinblick auf die gewünschte Erscheinung. Am festgesetzten Tag, zur abgemachten Stunde stellte sich der Mann an der Tür der Villa ein. Den strengen Empfehlungen Ingeborgs gehorchend, hatte er sich drei Wochen lang bemüht, nie vor Einbruch der Nacht aus dem Haus zu gehen, sich nur von in Wasser gekochtem Grünzeug und von nicht mit Metallinstrumenten geschälten Früchten zu ernähren, nur den Absud von Orangenblüten und Tee aus frischen Pfefferminzblättern, Basilikum und Oregano zu trinken.

Ein eingeborener Diener ließ den Kandidaten in einen mattschwarz gestrichenen Raum eintreten, in dem fast keine Möbel standen und der von geschweiften Leuchtern, deren Kerzen Flammen von grünlichem Gelb warfen, schwach erleuchtet war. In der Mitte des Raums hing eine geschliffene Kristallkugel herab, die sich langsam um sich selber drehte und deren tausend winzige Facetten auf eine offenbar unvorhersehbare Weise funkelnde Blitze schleuderten. Ingeborg saß darunter, in einem dunkelrot gestrichenen Sessel. Ungefähr einen Meter von ihr entfernt, etwas rechts von ihr, brannte auf flachen, direkt auf dem Boden liegenden Steinen ein Feuer, das starken, beißenden Rauch verbreitete.

Nach Landessitte hatte der Mann in einer Tasche aus doppeltem Leinen ein schwarzes Huhn mitgebracht, dem er die Augen verband und über dem Feuer den Hals durchschnitt, wobei er in Richtung Osten schaute. Das Blut des Huhns löschte das Feuer nicht; im Gegenteil, es schien es anzufachen: Hohe blaue Flammen begannen zu tanzen und mehrere Minuten lang betrachtete die junge Frau sie aufmerksam, ohne sich um die Gegenwart ihres Kunden zu kümmern. Endlich stand sie auf, nahm mit einer kleinen Schaufel Asche, die sie auf den Boden schüttete, etwas vor ihrem Sessel, und in die sie augenblicklich ein Pentagramm zeichnete. Daraufnahm sie den Mann beim Arm, ließ ihn sich in den Sessel setzen, zwang ihn, sich sehr gerade und reglos zu halten, die Hände ganz flach auf die Armlehnen gelegt. Sie selbst kniete sich mitten in das Pentagramm und begann mit schriller Stimme einen ebenso langen wie unverständlichen Zauberspruch zu deklamieren:

»AI barildim gotfano deck min brin alabo dordin fal-broth ringuam albaras. Nin porth sadikim almucathin milko prin al elmim entholh dal heben ensouim: kuthim al dum alkatim nitn broth dechoth porth min michais im endoth, pruch dal maisoulum hol moth dansrilim lupaldas im voldemoth. Nin hur diavosth mnarboüm dal goush palfrapin auch im scoth pruch galeth dal chinon min foulchrich al conin butathen doth dalprim.«

Während sie den Zauberspruch aufsagte, wurde der Rauch immer undurchsichtiger. Bald gab es rötliche Rauchschwaden, begleitet von Knistern und Funken. Dann wurden die bläulichen Flammen plötzlich maßlos groß, um fast gleich darauf in sich zusammenzufallen: Genau hinter dem Feuer stand Mephistopheles mit verschränkten Armen und lächelte breit.

Es war ein eher traditioneller, um nicht zu sagen fast konventioneller Mephisto. Er hatte weder Hörner noch einen langen, gabelförmigen Schwanz, weder einen Pferdefuß sondern ein grünliches Gesicht, dunkle, sehr tiefliegende Augen, dichte und sehr schwarze Augenbrauen, einen spitz zulaufenden Schnurrbart und einen kleinen Spitzbart in der Art Napoleon III. Er trug ein unbestimmbares Gewand, von dem man vor allem eine fleckenlose Spitzenbrustkrause und eine dunkelrote Weste sah, da alles übrige von einem großen, schwarzen Umhang verdeckt war, dessen Aufschläge aus feuerroter Seide im Halbdunkel leuchteten.

Mephistopheles sagte kein Wort. Er begnügte sich damit, ganz langsam den Kopf zu neigen und dabei die rechte Hand an die linke Schulter zu bringen. Dann streckte er den Arm über der Feuerstätte aus, deren Flammen jetzt fast unstofflich zu sein schienen und einen sehr parfümierten Rauch verströmten, und gab dem Kandidaten ein Zeichen näherzukommen. Der Mann stand auf und stellte sich vor Mephistopheles, auf die andere Seite des Feuers. Der Teufel hielt ihm ein vierfach gefaltetes Pergamentpapier hin, auf dem ein Dutzend unverständlicher Zeichen standen; dann ergriff er seine linke Hand, stach ihm mit einer Stahlnadel in den Daumen, ließ einen Tropfen Blut daraus hervorquellen, den er auf den Pakt drückte; in die entgegengesetzte Ecke schrieb er schnell mit seinem offensichtlich mit fettem, dickem Ruß bedeckten Zeigefinger seine eigene Unterschrift, die einer großen Hand glich, an der nur drei Finger sind. Dann riss er das Blatt entzwei, steckte die eine Hälfte in seine Westentasche und hielt die andere dem Mann hin, wobei er sich ganz tief verbeugte.

Ingeborg stieß einen gellenden Schrei aus. Man hörte so etwas wie das Geräusch zerknitterten Papiers, worauf im Raum der blendende Lichtschein eines Blitzes explodierte, begleitet von einem Donnerschlag und einem starken Geruch nach Schwefel. Beißender und dichter Rauch bildete sich rund um die Feuerstelle herum. Mephistopheles war verschwunden und als der Mann sich umdrehte, sah er wieder Ingeborg, die in ihrem Sessel saß; vor ihr war keine Spur des Pentagramms mehr zu sehen.  - (per)

 

Teufel Beschwörung

 

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