treitzwerg   Joseph teilte das Gehänge mit seinen Armen und ging schnell seines Wegs. In die Falten des Vorhangs aber, wie er ihn umschlug nach rechts und links im Hinausgehen, war je ein Zwerg gewickelt, der eine Dûdu mit Namen, der andere Gottliebchen-Schepses-Bes; denn sie hatten sich da zusammengefunden, von beiden Seiten sich anpirschend, und beieinander gestanden am Spalt, auf dem Knie ein Händchen, das andre am Ohr, und emsig gelauscht, der eine aus Bosheit, der andre aus zitternder Furcht, und zwischendurch einander zugeknirscht mit den Zähnen und wechselseitig sich mit den Fäustchen bedroht, daß sie einander wegwiesen von hier, was sie nicht wenig behindert hatte im Lauschen; doch war keiner gewichen.

In Josephs Rücken nun, aus den Falten sich auswickelnd, fuhren sie gegeneinander mit Zischen, die Fäustchen zu den Schläfen erhoben, und zausterten aufeinander los in erstickter Wut, spinnengram wie sie einander waren als Kleinleute beide, und wegen der Verschiedenartigkeit ihrer Natur.

»Was hast du hier zu suchen?« fauchte der eine, Dûdu, Gatte der Zeset, »du Kroppzeug, du Milbe, du minderhaltiger Bützel! Mußt du dich anschleichen zum Spalt, wo ich allein zu schaffen habe nach Pflicht und Recht, und weichst nicht vom Fleck, wie sehr ich dich anweise, daß du dich dünnemachst, Kaulkopf und trauriger Pickelhering! Ich will dich verschwarten, daß du auf immer zur Stelle bleibst, du Larve, du Mißbrut, machtloses Ungeziefer! Luschen und laustern muß er dahier, der Schnurrbalg, und Schmiere stehn für seinen Herrn und Großfreund, den Schönfratzen, den Schilfbankert, die Brackware, den er ins Haus gebracht hat, daß er‘s schimpfiere und überhand darin nehme zur Schmach der Länder, zuletzt aber gar noch zur Zaupe mache die Herrin ... «

»Oh, oh, du Strolch, du Ausbund, böslistiger Unhold!« zirpte der andre, das Frätzchen in tausend Runzeln der Wut zerspalten, das Salbkeglein schief verschoben auf seinem Kopf. »Wer lauscht und lauert denn hier, um auszuspähen, was er teuflisch selbst auf den Weg gebracht mit Zetteln und Zündeln, und weidet sich nun dahier vorm Spalt an der Großleute Qual und lieben Not, daß sie darin verderben mögen nach seinem Schandplan, — wer denn als du, greulicher Dünkellapps, Prahlhans und Ritter vom Spieß — ei, ei! ach, ach! — Gartenschreck du und Junker Springhas, Spottfigur, an der alles zwergicht und riesig nur eines, wandelndes Mannswerkzeug, abscheulicher Bettschelm ... «

»Warte!« gab jener keifend zurück. »Warte, du Lücke und Loch in der Welt, du Mangel und Ausfall, höchst ungeeigneter Tropf! Kratzest du nicht auf der Stelle von hier, wo Dûdu wacht und des Hauses Ehre hütet, so schände ich dich auf dem Platze mit meiner Manneswehr, Lapparsch, elendiger, und sollst meiner gedenken! Was dir aber an Schändung blüht, Gewürm, wenn ich jetzt den Weg gehe zu Peteprê und es ihm stecke, welche Handlungen sich hierorts begeben im Schatten und was für Worte geraunt werden vom Meier zur Herrin in verhängter Stube, das steht auf besonderer Rolle, und bald wirst du‘s lesen! Denn du hast ihn ins Haus gebracht, den Taugenichts, und nicht geruht mit kleinem Weisheitsgewäsch vorm seligen Meier und ihm deinen Zwergenscharfblick gerühmt für Menschen und Ware und Menschenware, bis er den Lumpen abkaufte den Lumpern gegen mein Mahnen und stellte ihn im Hause ein, er die Herrin schimpfiere und Pharao‘s großen Hämling zum Hahnrei mache. Du bist schuld an der Säuerei, du zuerst, du ursprünglich! Des Krokodils bist du schuldig und sollst ihm aufgetischt sein als Beibissen und Nachschluck, wenn man ihm deinen Busenfreund serviert, verbleut gebunden.«

»Ach, du Schandzunge«, zeterte Gottliebchen zitternd und ganz zerknittert von Ingrimm, »du Lottermaul, dem die Worte nicht aus dem Verstande kommen, sondern ihm aufsteigen woanders her und sind geifernder Unflat! Unterstehe dich nur, mich anzurühren und den leisesten Schändungsversuch zu unternehmen an mir armem Hutzel, so wirst du Nägelchen in deinem Butzenantlitz spüren und in deinen Augenhöhlen, denn sie sind scharf, und auch dem Reinen sind Waffen gegeben wider den Schächer ... Schuld, ich, der Kleine, an dieser Not und an dem  Jammer dort drinnen? Schuld ist die böse Sache, das gierige Leidwesen, worin du stolzierend zu Hause, und hast es teuflisch in Dienst gestellt bei deinem Neid und Haß, daß es Osarsiph, meinem Freund, zur Fallgrube werde. Aber siehst du denn nicht, Mausbock, daß es dir fehlschlug und daß kein Fehl ist an meinem Schönen? Wenn du schon laustern mußtest, hast du  nicht unterschieden, daß er standhaft war wie ein Mysterienprüfling und seine Sage hütete wie ein Held? Was hast du überhaupt unterterschieden am Spalt, und was kannst du erlauscht haben als Ohrenzeuge, da du doch jeder Zwergenfeinheit verlustig und gänzlich verplumpt dein Sinn auf Grund deines Gockeltums? Ich möchte wissen, was du dem Herrn wirst stecken wollen und können von wegen des Osarsiph, wo doch gewiß deine dumpfen Löffel gar nichts Gescheites errafft haben am Horchposten ...«

»Oho!« schrie Dûdu. »Zesets Gatte nimmt es schon auf mit dir, flauer Wicht, an Feingehör und Spitzohrigkeit, wenn‘s gar die Sache gilt, in der er zu Hause und von der du den Teufel verstehst, zirpendes Ungenüge! ...« - Thomas Mann, Joseph und seine Brüder

Zwerg Streitgespräch
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