roselyt   Daß ein Narr zehen andere macht, ist freilich schlimm genug; aber weit schlimmer ist es noch, daß auch ein Schurke zehen andere macht. Nur die Vernunft macht wenig Proselyten. - (seume)

Proselyt (2)   »Ein Mensch?« rief ein Bleichling, der meine letzten Worte gehört hatte; er betrat gerade das Café, als ich hinauswollte. »Wissen Sie denn, was das ist? Darf ich Sie einladen . ..?«

Ja, ja, ich weiß ... die Zeche zu übernehmen . . . Na also, was ist ein Mensch?

»Der Mensch, das ist eine Maschine, die sich im Gegensatz zu allen anderen Maschinen ständig in all ihren Teilen erneuert. Der wissenschaftliche Sozialismus . . .«

Ich hörte dem Bleichschnabel nicht zu, ich sah ihn mir an: das hitzköpfige Gesicht eines Frettchens, das dem Iltis seine Waffen neidet. Überläufer aus dem bürgerlichen Lager, der wie all die anderen den Hafer im Trog der Sozialisten zu finden gehofft hatte und wie andere bald gewahr wurde, daß der Trog leer war. Gallig, weil enttäuscht, verriet er zwischen gelben Zähnen die Seele des unerbittlichen Revolutionsanklägers, eines, der seine Frau schlägt, um sich für seine Erfolglosigkeit zu rächen. Sie müht sich ab, damit er etwas zu essen hat. Gleiche Arbeit für die Frau . . . Aber der Bleichschnabel merkte, daß ich ihm gar nicht zuhörte.

»Hören Sie genau zu«, sagte er, »was ich sage, ist wichtig für Sie, wenn Sie verstehen wollen, warum der wissenschaftliche Sozialismus den Menschen nur als Maschine sehen kann . . . Die Nahrung eines Erwachsenen erzeugt, wie ich Ihnen schon sagte, ungefähr soviel Energie wie ein Pfund Steinkohle; dieses Pfund entspricht wiederum dem Fünftel einer Pferdestärke in vierundzwanzig Stunden. Da nun eine Pferdestärke gleich der Kraft von vierundzwanzig Männern ist, läuft der durchschnittliche Arbeitstag eines Durchschnittsmannes auf ein Fünftel der in seiner verbrauchten Nahrung gespeicherten Energie hinaus, und dieses Fünftel kann, wie Sie wissen, nun wieder gleichgesetzt werden mit einem Pfund Kohle. Was geschieht mit den anderen vier Fünfteln . ..?«

Ich weiß nicht, ich weiß nicht! Ich will es gar nicht wissen. Mag doch draus werden, was will — wenn ich nur hier raus komme, um nie mehr den Fuß in dieses Café setzen zu müssen! - Georges Darien, Der Dieb. Nördlingen 1989 (Die Andere Bibliothek 54, zuerst 1897)

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