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Maschine (2) Andy Warhol: Über Automation - Ein Interview mit Gerard Malanga
Glauben Sie, daß die entscheidende Phase der Automation schon viel früher beginnen wird, als die meisten Menschen annehmen?
Ich habe immer geglaubt, daß ein Austauschen der Verbrennungsmaschine gegen Automation einen sehr wichtigen und aufregenden Abschnitt in der Entwicklung der Menschheit darstellt.
Aber was ist die Wahrheit über Automation? Man braucht nicht so viel zu denken.
Und wie stehen Sie zu den über 35 000 und mehr amerikanischen Arbeitern, die ihre Jobs an Maschinen verlieren?
Ich habe kein Mitleid mit ihnen. Sie werden mehr Zeit haben, sich zu entspannen.
Glauben Sie, daß die Automation für die allgemeine Münzknappheit verantwortlich war?
Möglicherweise; aber ich hoffe, die Münzen werden abgeschafft.
Was bedeutet der Computer für Sie?
Der Computer ist lediglich eine andere Maschine.
Glauben Sie, daß die Alternative zu Automation wirtschaftlicher Selbstmord ist?
Durchaus nicht.
Sie haben früher schon oft gesagt, Sie selbst würden gerne eine Maschine sein. Heißt das, daß Sie gefühlsmäßig verstehen, was Sie tun und in der Lage sind, eine Operation zu übernehmen, um irgendwelche Fehler zu korrigieren oder den nächsten Schritt einzuleiten?
Ja. Die Macht des Menschen hat In allen Bereichen zugenommen außer in seinem eigenen. Noch nie haben Ereignisse im öffentlichen Bereich scheinbar so grausam Persönlichkeiten ihrer Bedeutung beraubt. Selten in der Geschichte haben Tatsachen das Denken so dominiert, oder hat solch eine weitverbreitete Individuelle Tugend einen so zweifelhaften Brennpunkt gefunden. Es stellt sich die beängstigende Frage, ob wir die Kontrolle über unsere Probleme verloren haben! Wir befinden uns zweifellos in einer Phase, In der das so sein könnte; doch mit der Verbreitung der Automation wIrd sich das ändern, weil die Menschheit neue Epochen und wie sie sich wirklich öffnen und schließen — verstehen wird.
Puristen sprechen von Kybernation, in der eine Supermaschine gebraucht wird, um andere Maschinen zu programmieren, wie in einer Fabrik. Würden Sie sagen, an Hand dieser Definition, daß Sie ein Purist sind?
Noch nicht.
Würden Sie gerne menschliche Anstrengungen ersetzt sehen? Warum?
Weil menschliche Anstrengungen zu mühsam sind.
"Seiden-Siebdruck" mit minimalen Abweichungen erfordert besonders erfahrene Techniker. Was wurde passieren, wenn Sie z. B. eine Chance hätten, eine Magnetband-programmierte Maschine mit digitalen Signalen zu erwerben. um die schwierigen Seiden-Siebdrucke zu steuern, was gewöhnlich von mir gemacht wird?
Alles würde mit mehr Genauigkeit gemacht werden können.
Würden Sie sagen, daß ich einen Besitzanspruch auf meinen Job habe? Ich meine, besitze ich meinen Job fürs Leben?
Nein.
Wenn mein Job in einer technologischen Explosion untergeht, wird sich dann ein anderer anbieten in dieser "factory"?
Vielleicht. Es hängt alles davon ab, etwas anderes zu tun.
Werde ich mehr tun?
Ja.
Wie werden Sie sich der Herausforderung der Automation stellen?
Indem ich Teil davon werde.
Was werden Sie mit der ganzen. von der Automation für Sie geschaffenen Freizeit machen?
Mich hinsetzen und entspannen.
Werden Sie sich Hobbys widmen, die das Leben verschönern?
Nein.
Welche Bedeutung hat die menschliche Entscheidung für Sie?
Die menschliche Entscheidung sagt mir überhaupt nichts. Die menschliche Entscheidung kann In der Welt der Automation nicht existieren. "Probleme" müssen "gelöst" werden. Ohne Entscheidung gibt es keine Probleme.
Begnügen Sie sich mit kleinen Lösungen und versuchen Sie, soviel wie möglich zu erreichen, so daß diese zusammen etwas ergeben?
ich versuche, das Lösen von Problemen zu vermeiden. Probleme sind zu mühsam und es gibt zu viele. Ich glaube nicht, daß das Zusammentragen von Lösungen wirklich zu etwas führt. Sie schaffen nur mehr Probleme, die gelöst werden müssen.
Glauben Sie daran, daß wir in eine Epoche kommen, eine permanente Epoche, in der die Hauptcharakteristik der Welt deren Veränderung sein wird?
Veränderung ist das gleiche, ohne anders zu sein. WIr leben in einer Welt, in der wir keine Veränderung wahrnehmen, deshalb lädt sich, das, was sich verändert, selber mit Bedeutung auf, jeden Tag etwas mehr.
Analysieren Sie die Bedeutung von Automation?
Automation ist eine Möglichkeit, Dinge einfacher zu machen. Automation
gibt Ihnen einfach etwas zu tun. - Aus: Acid. Neue amerikanische
Szene. Hg. Rolf Dieter Brinkmann, Ralf-Rainer Rygulla. Frankfurt am Main
1969 (März Verlag)
Maschine (3) So kompliziert eine von uns konstruierte
Maschine auch sein mag, wird sie, wenn sie eine Maschine ist, einem formalen
System entsprechen, das seinerseits gegenüber Gödels
Verfahren zur Auffindung einer in diesem System
unbeweisbaren Formel verwundbar ist. Die Maschine wird nicht fähig sein,
diese Formel als wahr auszuweisen, während der
menschliche Geist sehen kann, daß sie wahr ist. Und deshalb wird die Maschine
noch immer kein zureichendes Modell des menschlichen Geistes sein. Wir
versuchen, ein Modell des Geistes herzustellen, das mechanisch -seiner
Natur nach „tot" - ist, aber der Geist, der ja „lebendig" ist,
ist jedem formalen, verhärteten, toten System immer einen Schritt voraus.
Dank Gödels Satz hat der Geist immer das
letzte Wort. - J.R. Lucas, nach (
hof
)
Maschine (4) Überall funktioniert was. Manchmal
mit Unterbrechungen, manchmal ohne. Es atmet, es wärmt, es ißt. Es scheißt,
es vögelt. Was für ein Irrtum, Es gesagt zu haben. Überall sind
es Maschinen und das keineswegs sinnbildlich. Maschinen: Maschinen-Maschinen
mit ihren Kupplungen und Anschlüssen. Eine Organmaschine ist an eine Energiespeichermaschine
angeschlossen: die eine strömt Fluxus aus, den die andere abstellt. Die
Brust ist eine Milcherzeugungsmaschine und der Mund ist mit ihr gekoppelt.
Der Mund des Anuretikers schwankt zwischen einer Oral-, Anal-, Sprech-
und Luftholmaschine (asthmatischer Anfall). So sind wir alle Bastler.
Jedem seine kleinen Maschinen. Jeder Organmaschine ihre Energiemaschine,
immer wieder Ströme von Fluxus und dann Sperren. Der Präsident Schreber
hat himmlische Strahlen im Hintern. Anus solaire. - Gilles
Deleuze, Félix Guattari, Anti-Ödipus. Frankfurt am Main 1977 (stw 224,
zuerst 1972)
Maschine (5) §. 65. Nun ist aber der Körper eines lebendigen Wesens oder eines Tieres allezeit organisch; denn da eine jede Monade nach ihrer Art ein Spiegel des ganzen Welt-Gebäudes ist / überdieses auch die Welt nach einer vollkommenen und ausbündigen Ordnung verfasset ist; so muß auch eine Ordnung in demjenigen sein / welches dasselbe abschildert / das ist / es muß eine Ordnung in denen Perceptionen der Seele und folglich in dem Körper sein / nach welchem das Welt-Gebäude in derselben vorgestellet und ausgedrucket ist.
§. 66. Dahero ein jedweder organischer Körper eines lebendigen Wesens
eine Art von denen Göttlichen Machinen oder natürlichen automatibus ist
/ welche alle künstliche Automata unendlich übersteiget; allermaßen eine
durch menschliche Kunst verfertigte Machine in allen ihren Teilen mechanisch
ist. Zum Exempel: die Zähne an einem eisernen Rade haben gewisse Teile
oder Stücke / welche in Ansehung unserer nicht weiter etwas künstliches
sind / und nichts mehr in sich fassen / welches in Absicht auf den Gebrauch
/ worzu das Rad bestimmt ist / etwas mechanisches anzeiget. Alleine die
Machinen der Natur / das ist / die lebendigen Körper sind auch unendlich
fort gewisse Machinen in ihren geringsten Teilgen. Wodurch der Unterscheid
/ welcher zwischen der Natur und der Kunst / das ist / zwischen denen Göttlichen
und Menschlichen Kunst-Werken ist / bestimmt wird. - Gottfried Wilhelm
Leibniz, Monadologie, nach:
Projekt
Gutenberg
Maschine (6) Die flammend neue Maschine wurde in
der Fabrik an der Via Salaria aufgestellt. Sie hatte die Form einer Kugel,
und als sie ankam, staunte jedermann. Es war die schönste und vollkommenste
Maschine, die man je gesehen hatte, es war jedoch schwierig zu begreifen, was
für einen Sinn sie hatte, wozu sie diente. Sie hatte den Vorteil, vollkommen
zu sein. Man sagte, diese Maschine könne andere kugelförmige Maschinen hervorbringen,
aber vielleicht han/ delte es sich um eine Übertreibung. Die Direktoren der
Fabrik begannen, nachdem sie sie sehr gelobt hatten, bald ihre Zweifel anzumelden.
Vor allem kritisierten sie die Form, schließlich sagten sie auch, sie könne
explodieren, andere sagten, sie stinke. Man sagte
alles Mögliche und Unmögliche. Auch die Zeitungen mischten sich ein. Eine Abendzeitung
schrieb, es fehle die Menschlichkeit. Diese Behauptung genügte, daß die Maschine
in Mißkredit fiel. Sie wurde zu nächtlicher Stunde auf eine absteigende Straße
geschleppt und verlassen. Sie stürzte in den Grund eines Kanals und ist immer
noch dort. Der Erbauer nahm sich, als er davon hörte, das Leben, indem er sich
die Pulsadern mit einer Gillette aufschnitt. Heute ist die Kugelmaschine vollkommen
vergessen, niemand spricht mehr von ihr, aber eines Tages wird man vielleicht
wieder von ihr sprechen. - (
gesp
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Maschine (7) Alle
komplizierten Maschinerien und Apparate der Träume sind mit großer Wahrscheinlichkeit
Genitalien - in der Regel männliche -, in deren
Beschreibung sich die Traumsymbolik so unermüdlich wie die Witzarbeit
erweist. - (
freud
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Maschine (8)
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Günter
Brus, Eros und Globus
Maschine (9) In der Mitte des Schuppens waren vier große, im Quadrat angeordnete Räder aus Eisen, die sich auf Zapfen drehten, welche in einer zentralen Achse steckten, wo ein System aus Nocken und Kugellagern dafür sorgte, daß sich ihre Bewegung zusammenhängend und synchron vollzog. Das war, laut Fiess, das Herz der Maschine.
Vom Herzen der Maschine verzweigten sich nach oben Gelenkarme, die ihrerseits mit kleineren Rädern verschiedener Ausmaße verbunden waren, bis sich schließlich alles zu einem architektonischen Gebilde aus Rädern, gewundenen Rohren und unregelmäßig in den Raum ragenden Gelenkarmen zusammenfügte.
An bestimmten Stellen der in die Luft ragenden Gelenkarme waren Fallriegel mit starren Zugstangen und hammer-förmigen Gegengewichten am unteren Ende eingebaut. Wenn die Maschine in Bewegung war, plumpsten die Hämmer auf kleine Plattformen, die an bestimmten Stellen der kleineren und der großen Räder angebracht waren: der Hammer gab der Plattform einen kräftigen Hieb und setzte dadurch das Rad und die mit ihm verbundenen anderen Räder in Bewegung, während er sich durch die Wirkung des Fallriegels wieder aufrichtete, um dann zur gegebenen Zeit einer weiteren Plattform erneut einen Hieb versetzen zu können.
Die Gelenkarme, die kleineren und die großen Räder waren nämlich durch Berechnungen des Gewichtes der Hämmer, der Länge der Arme und der Fallriegel so aufeinander abgestimmt, daß sie einen Halbkreis beschrieben und sich das Beharrungsvermögen genau zur rechten Zeit, nämlich am höchsten Punkt des Rades erschöpfte, von wo aus die Hämmer wieder nach unten fielen und dabei den kleinen Plattformen wieder Fußtritte oder Fausthiebe versetzten, je nach der Art der Bewegung, die an der Stelle gerade nötig war, von oben nach unten oder von unten nach oben.
Wenn ich meinen Freund recht verstanden habe, ist Fiess schon seit einiger Zeit dabei, immer wieder neue Räder und neue Gelenkarme in verschiedene Richtungen anzubauen und alles neu zu berechnen, um ihre Bewegung mit der Bewegung der alten Räder und Gelenkarme in Einklang zu bringen.
Ganz hinten im Schuppen hatte er kürzlich auf der Rückseite der Maschine einige Fallriegel mit großen Gummibällen -Bälle mit Griff, auf denen normalerweise die Kinder im Sitzen wie Frosche hüpfen - verbunden;.das war sein letzter Versuch, eine ständige koordinierte Bewegung des ganzen Getriebes zu erzielen, bei dem er das Zurückprallen dieser besonders elastischen Körper ausnützte.
Wie Fiess meinem Freund Reinhard erklärte, bestand seine Grundidee in
folgendem: Er wollte ein Perpetuum mobile zweiter
Art konstruieren, ohne Wärme in mechanische Energie umwandeln zu müssen,
sondern, indem er sich nur der Schwerkraft und
des Beharrungsvermögens bediente. -
(gcel)
Maschine (10)
Maschine (11)
DIE MASCHINEN Manche Maschinen sind früh aufgekommen, Heronskugel Wurfschleuder Voltasäule. Die uns auffallen, das sind Maschinen Doch was sie bedeuten, weiß niemand. Die Bergwerke im Harz anno 1723 Der Kupferstich wimmelt von Leuten. Menschen, Es wäre ohne weiteres denkbar, Eine fremde Sprache, die nie jemand sprach. Und genau genommen ist die Grammatik das Gebrabbel der Kommunikation auswirft: die »Fortpflanzungswerkzeuge«, die »Zeugungsglieder«, Wenn die Wörter verschwunden sind, bleibt die Grammatik zurück, Der Kupferstich wimmelt von Leuten. Wörter,
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Die Maschine beunruhigt uns auf ahnliche Weise wie die Idee des Gespenstes: etwas Lebloses bewegt sich und lebt, das heißt: es simuliert Leben. Hebt man die mechanischen Bewegungen der Maschine gegen die Regungen des organischen Lebens ab, so läuft das nicht darauf hinaus, daß die Maschine zum Todessymbol wird. Nicht auf den Tod weist sie hin, sondern auf die Möglichkeit, daß unser eigenes Leben, wie das ihre, nur ein simuliertes sein könnte. Wir alle teilen eine Erfahrung, mag man sie Entfremdung nennen, mag man sie in den Marxschen oder Kierkegaardschen Begriffen zu fassen suchen, die uns nötigt, eine solche Hypothese ins Auge zu fassen: die Möglichkeit nämlich, daß wir bloße Marionetten sind, mechanische Puppen, Homunculi. Und daraus folgt unvermeidlich die Frage: Wenn dies so wäre, würde es einen Unterschied machen? (...) Manchem Leser mag es wie eine weithergeholte Allegorie vorkommen, daß ich die Sprache mit dem Verhalten der Maschinen vergleiche und behaupte, die Grammatik selber sei eine Maschine. Es war Chomsky, der in seiner Untersuchung »Syntactic Structures« die Grammatik als eine Maschine bezeichnet hat: als jene Maschine nämlich, die aus der Mannigfaltigkeit aller theoretisch möglichen Wortkombinationen und Sequenzen, aus dem »Gebrabbel*, von dem das Gedicht spricht, eben jene auswählt, welche die organisierte und verständliche Sprache ausmachen. Wem dieser Gedanke vertraut geworden ist, der kann sieh schwer von der Vorstellung freimachen, daß unseren Worten und unserm Sprechen etwas Mechanisches und gleichsam Unpersönliches anhaftet, als wären nicht wir es, die unsere Gedanken hervorbrächten, sondern als dächte die Sprache in uns, und als liehen wir bloß einer größeren, unübersehbaren sprachlichen Struktur unsere Stimme. (...) Die Tragik des Menschen, wie die der Maschinen, liegt darin, daß er kein Geheimnis hat. Lars Guslafsson |
- Lars Gustafsson, nach
(frac)