per   Die Juwelen der Madonna des Italieners Ermanno Wolf-Ferrari war ein veristisches Werk, von dem ich außer dem frevlerischen Raub der Juwelen nur mehr dies behalten habe, daß im ersten Akt in einem Dekor, der eine Trattoria darstellte, der französische Bariton Vanni Marcoux in der Aufmachung eines neapolitanischen Zuhälters zu sehen war - mit auf gezwirbeltem Schnurrbart, Elephantenfußhosen und grauer Melone -, wie er aus voller Kehle sang, nachdem er, ohne daß ein Trick möglich gewesen wäre, einen großen Teller voll Nudeln oder Spaghetti aufgegessen hatte, eine Leistung, die von einem beachtlichen Bemühen um Realismus und gleichzeitig von einem gewissen stimmlichen Können zeugte, die aber auch nicht mehr zum Träumen einlud als die (wie mir scheint ziemlich konventionelle) Musik dieser Oper, die meines Wissens in der Geschichte des Musiktheaters keine nennenswerten Spuren hinterlassen hat. - (leiris2)

Oper (2)  Die ernste und komische Oper sind nicht selten ein seltsamer Wirrwarr des Schönen und Abenteuerlichen, des Großen und Kleinen, des Rührenden und Lächerlichen, des Widersinnigen, Läppischen und Unnatürlichen. Mythologie und Geschichte, Feen- und Zaubermärchen, Schlachten und Triumphzüge, Donnerwetter und Schiffbrüche, Geister und wilde Bestien, Götter, Menschen und seltene Ungeheuer, die keine Naturgeschichte kennt, wechseln miteinander. Die Feldschlachten werden geliefert von ein paar Dutzend Mietsoldaten, die den Komödianten-General selten verstehen und lachen, wenn sie unter Violinentönen mit ihren hölzernen Schwertern auf die Schilde von Pappendeckel schlagen. Dort fliegt einer durch die Luft an einem Strick, dort stürzt ein anderer von einem Felsen sechs Fuß hoch oder wandelt durch Flammen und Meereswogen, dort erdolcht sich einer trillernd, und dort singt der Herr dem Diener seine Befehle oder der Freund dem Freunde sein Geheimnis zu, und die ernste Ratsversammlung beratschlagt sich in lauter Gesängen. Der ernste Cato singt seine Rede an das Volk, der Eilbote, der viel von Gefahr im Verzug gesprochen hat, hustet, stellt sich vors Parterre und gurgelt eine Arie. Alexander, auf den Mauern einer Stadt, gibt den Belagerten völlig den Rücken preis, denn er hat dem Publikum von der Leiter eine Arie zu trillern, und seine Armee muß warten, bis er ausgetrillert hat. Sollte man nicht glauben, wir wären in Sina und Japan? Welchen dramatischen oder lyrischen Eindruck macht nicht eine speisende Operngesellschaft, die da singt: „Mir schmeckt der Wein! Vortrefflich ist der Braten, noch besser ist die Brühe!" und erst, wenn in der ernsten Oper der Held den Himmel zum Zeugen seines Selbstmordes nimmt und der Chorus singt: „Gebt acht, er wird sich jetzt erstechen!" und gar aus dem Parterre ein da capo! erschallt!  - (kjw)

 

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