ierenstein   Ich beobachte mich im heftigsten Andrang des Leidens und habe mich immer fähig gefunden, ebenso vernünftig wie zu andern Zeiten zu sprechen, zu denken und zu antworten, nur nicht so zusammenhängend, weil mich der Schmerz verwirrte und ablenkte. Wenn man meint, ich liege ganz darnieder, und die Anwesenden mich schonen, so erprobe ich oft meine Kräfte und bringe selbst ein von meinem Zustande völlig abliegendes Gespräch in Gang. Ich kann alles, wenn ich mir einen heftigen Ruck gebe; nur die Ausdauer muß man mir erlassen. Oh, daß ich nicht das Vermögen von Ciceros Träumer habe, der eine Dirne zu umfangen träumte und fand, daß ihm seine Steine in die Bettlaken abgegangen waren. Die meinen entgeilen mich allzu gründlich.

In den Ruhepausen dieser reißenden Schmerzen, wenn meine Blasengänge erschlaffen und mich nicht so arg stechen, finde ich mich gleich wieder in meine gewöhnliche Fassung zurück, zumal meine Seele sich nicht anders als durch leibliche und sinnliche Eindrücke in Schrecken jagen läßt; was ich sicherlich der Sorgfalt verdanke, mit der ich mich in Gedanken auf solche Widerwärtigkeiten vorzubereiten trachtete.

Für einen Anfänger werde ich indessen etwas hart und mit gar jähem und unsanftem Ruck auf die Probe gestellt, da ich so unvermittelt aus sehr behaglichen und glücklichen Lebensumständen in die schmerzlichsten und peinvollsten gestürzt bin, die man sich nur erdenken kann: denn nicht nur ist diese Krankheit an und für sich sehr zu fürchten, sie hat bei mir auch schon ihren ersten Anlauf viel heftiger und beschwerlicher genommen, als sie gemeinhin zu tun pflegt. Die Anfälle packen mich so häufig, daß ich sozusagen keine völlige Gesundheit mehr kenne. Indessen erhalte ich bis zur Stunde mein Gemüt in solcher Verfassung, daß ich, wenn ich die nötige Beständigkeit dazu aufbringe, mich in weit besserer Lebenslage als tausend andere befinde, denen kein anderes Fieber noch Leiden zusetzt, als das sie sich durch ihre Unvernunft selber schaffen. - (mon)