est  Während ich im Garten frühstückte, sah ich, wie aus dem Rotschwänzchen-Nest über meiner Schwelle ein Junges herabstürzte und tot auf dem Estrich blieb. Sein Leib war noch nackt, und die großen Augäpfel schimmerten dunkel durch die rosige Haut. Sie und der breite, fest geschlossene Schnabel gaben dem kleinen Leichnam einen frühreifen, schmerzlichen Zug.

Dieser jähe Absturz aus der Sicherheit in Nichts war um so eindringlicher, als mit ihm zugleich das Tierchen, ohne eine Spur zu hinterlassen, aus der Wahrnehmung der Eltern verschwand. Treulich kehrten sie in ihren kleinen Abständen mit Futter für die überlebenden Geschwister zurück und flogen bei diesem Hin und Her oft dicht, aber ohne eine Spur von Teilnahme, über das tote Körperchen hinweg.

So machte ich schon häufig die Beobachtung, daß die Tiere in einer anderen und wohl schärferen Weise für die Wahrnehmung des Lebendigen eingerichtet sind als wir. Der Tod verwandelt den Körper für sie sehr schnell in einen Gegenstand; und es gibt Fälle, in denen die Alten den Leichnam des Jungen sogleich in seiner Eigenschaft als Nahrung wahrnehmen. - (ej2)

 

Tierleben

 

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Vogelnest