Die unverschnittenen Rene werden vor ihrer Brunstzeit geschlachtet, in den Wind gehängt und dem Frost überlassen, bis sie abgezogen werden. Das Fleisch, durch Sonne und Rauch getrocknet sowie leicht gesalzen, wird in Schlitten zu den Vorratshäusern geschafft, wo man es bis zum Frühjahr aufhebt, denn im Frühjahr, um Matthiastag herum, wenn die Renochsen ihre korm-Krankheit bekommen, taugen sie nicht zum Schlachten. Deshalb leben die Lappen in dieser Zeit vom Fleischvorrat (vorher schlachten sie nach Bedarf), bis sie mit dem Melken beginnen können.
Das Blut wird in kleinen Fässern frisch gehalten, und im Frühjahr wird daraus Suppe gekocht; man richtet es mit ein wenig Mark, Fett, Mehl und Wasser an. Bis der letzte Schnee geschmolzen ist, fährt der Lappe zu seinem Vorratshaus, sich Speise zu. holen. Das Blut ist nun dick wie Schweineblut, sie transportieren es in Blasen und Pansenmägen.
Wurst wird recht fett zubereitet und meist ohne Mehl. Marfi Lappis.
Die Leber, die sehr groß ist, wird gekocht und gleich gegessen. Die Lungen werden
bisweilen leicht gesalzen und getrocknet gegessen oder auch nur getrocknet den
Hunden gegeben. Die fetten Därme werden aufgeschlitzt, gewaschen, in frischem
Zustand gekocht und schmecken ganz gut. Das Euter und die testiculi essen
die Lappen nicht. Der Unterschenkel wird bis zum Fußgelenk abgezogen, weiter
geht das Fell trotz aller Kunst nicht herunter, wenn man es auch noch so sehr
abbrüht, das Fleisch bleibt immer an der Haut hängen. Die Klauen werden fortgeworfen.
- (
lin
)
- Rivarol, nach (
riv
)
Tiere, essbare (3) Vier breithändige Männer greifen nach den flatternden Tieren, hängen sie an den Beinen in V-förmige Metallbiigel. Kopfunter tauchen die Puten in ein Wasserbecken, in dem sie einen 160-Volt-Stromstoß erhalten - nicht schwächer, damit die Tiere sicher betäubt sind; nicht stärker, damit die Muskulatur nicht verkrampft und das Ausbluten behindert. Ein Schlachter durchtrennt mit einem Schnitt die Halsschlagadern, das Blut kleckert in die Rinne, Spezialverarbeiter werden es abholen. Das Förderband durchläuft in zweieinhalb Minuten den Brühkessel - die Wassertemperatur beträgt 53 Grad, das lockert die Federn und schont die Epidermis. Die Tiere schlenkern in die Rupfmaschine, den 2000 an Rotoren befestigten fingerlangen Hartgumminoppen entgeht keine der ehedem weißen Federn. Eine Frau kürzt mit der Luftdruckschere die unbrauchbaren Flügelenden. Ein präziser Messerschnitt öffnet den Zugang zur Bauchhöhle neben der Kloake. Die Innereien werden herausgeschnitten. Dann schlürft ein Vakuumsauger die Lunge aus der Körperhöhle. Ein Automat kappt endlich auch den Kopf mit der heraushängenden Zunge und dem baumelnden Hautzapfen. Fauchend stülpt sich ein Hochdruckreiniger über den Vogel.
Ein Vertreter des Kreisveterinärs prüft gleichmütig den Zustand des Schlachtkörpers,
trennt bei etwa jedem zehnten Tier blutunterlaufene Stellen an Flügel oder Brusthaut
mit knöpf großen Blasen ab - kein Ruhmesblatt für den Mäster der Partie Nr.
20, das Gewicht der Abschnitte wird ihm vom Erlös abgezogen. Mit zwei Schnitten
fällt die Haut über dem Schlund und das begehrteste Stück liegt blank: die pralle
Brust. Über drei Stahlrinnen rutschen Magen, Hals und Leber in bunte Körbe,
Magen und Hals fürs Ausland, die Leber für das Tiefkühlregal. Zuletzt der Sterz:
In Kartons mit englischer Aufschrift geht er als Delikatesse nach Westafrika.
- Günther Mack, Geo 1 / 1999
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