uß, kalter   Mitten in der Nacht, nachdem Aksa einen Trank geschluckt hatte, gemischt aus Met, Spucke, menschlichem Blut und Krähenei, gewürzt mit Galbanharz und Alraune, fühlte sie einen kalten Kuß auf ihren Lippen. Im Schein des späten Mondes sah sie eine nackte männliche Gestalt - groß und schwarz, mit langen Elfenlocken, den Hörnern eines Bocks und zwei vorstehenden Hauern, wie die eines Ebers. Die Gestalt beugte sich über sie und flüsterte. »Was befiehlt meine Herrin? Sie darf die Hälfte meines Königreiches verlangen.«

Sein Körper war so durchsichtig wie ein Spinnweb. Er stank nach Pech. Aksa wollte eigentlich sagen: »Du, mein Sklave, komm und nimm mich.« Stattdessen murmelte sie: »Meine Großeltern.«

Der Teufel brach in Lachen aus. »Sie sind Staub.« »Hast du die Krone aus Federn geflochten?« fragte Aksa. »Wer sonst?« »Du hast mich betrogen?«

»Ich bin ein Betrüger«, antwortete der Teufel, und kicherte. »Wo ist die Wahrheit?« fragte Aksa. »Die Wahrheit ist, daß es keine Wahrheit gibt.« Der Teufel verweilte noch ein wenig und verschwand dann. Den Rest der Nacht schlief Aksa nicht, noch war sie wach. Sie hörte Stimmen. Ihre Brüste schwollen an, die Warzen wurden hart, ihr Leib dehnte sich aus. Schmerz bohrte sich in ihren Schädel. Ihre Zähne schlugen aufeinander und  ihre Zunge vergrößerte sich so, daß sie fürchtete, sie würde ihren Gaumen spalten. Ihre Augen traten aus den Höhlen. In ihren Ohren klopfte es so laut, wie das Klopfen eines Hammers auf einen Amboß. Dann fühlte sie sich, als sei sie in Geburtswehen. »Ich bringe einen Dämon zur Welt«, schrie Aksa.  - Isaac Bashevis Singer, Eine Krone aus Federn. In: I.B.S., Der Kabbalist vom East Broadway. München 1978 (zuerst 1972)

 

Küssen Kälte

 

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