ichern  Mein Freund Alfred Kämpf sagte mir, als wir auf einem unserer Spaziergänge einige enge Gassen und Durchhäuser der Prager Altstadt passierten und dann den modernen Graben betraten: »Prag ist eine tragische Stadt. Das sieht man schon an der Architektur, deren mittelalterliche und neuzeitliche Formen fast übergangslos ineinandergreifen. Dadurch bekommen die Häuserreihen etwas Schwebendes und Visionäres. Prag ist eine expressionistische Stadt. Die Häuser, Straßen, Paläste, Kirchen, Museen, Theater, Brücken, Fabriken, Türme und Mietkasernen sind steingewordene Spuren einer tiefen, inneren Bewegung. Prag hat im Stadtwappen nicht umsonst eine eiserne Faust, die das Gittertor einer beengenden Burgmauer zerschlägt. Das Alltagsgesicht der Stadt verbirgt einen rabiat-dramatischen Lebenswillen, der durch das Zerschlagen der alten Formen immer wieder das neue Leben befestigen will. Doch darin steckt schon gerade der Untergang. Gewalt ruft Gewalt hervor. Die wachsende Technik wird die eiserne Faust zerbrechen. Die Gegenwart durchweht schon ein Ruinengeruch.«

Als ich heimkam, schrieb ich Kämpfs Worte in mein Tagebuch, um sie am nächsten Tag Doktor Kafka in der Arbeiterunfall-Versicherung vorzulesen.

Er hörte mir aufmerksam zu, und als ich mein Tagebuch geschlossen und in die Aktentasche auf meinen Knien geschoben hatte, zog er die Unterlippe für einige Augenblicke nach innen. Dann beugte er sich langsam nach vorn, legte die Arme bequem auf den Schreibtisch, die Spannung seiner Gesichtszüge löste sich, und er meinte behutsam mit leiser Stimme: »Die Worte Ihres Freundes sind eigentlich selbst schon eine Eisenfaust. Ich kann mir vorstellen, wie Sie unter ihnen zusammenzucken. Mir ergeht es oft auch so mit meinen Freunden. Sie sind so beredt, daß sie mich immer wieder zum Selbstdenken zwingen.«

Er kicherte in der ihm eigenen Art, die an ein leises Papierrascheln erinnerte, legte den Kopf in den Nacken und sagte dann mit einem gesammelten Blick zur Decke: »Nicht nur Prag - die ganze Welt ist tragisch. Die eiserne Faust der Technik zerschlägt alle schützenden Mauern. Das ist kein Expressionismus. Das ist das alltägliche nackte Leben. Wir werden zur Wahrheit wie die Verbrecher zur Richtstätte getrieben.«  - Gustav Janouch, Gespräche mit Kafka. Aufzeichnungen und Erinnerungen. Frankfurt am Main 1981 (Fischer Tb. 5093, zuerst 1954)

Kichern (2)

- Charles M. Schulz, You're not for real, Snoopy! Greenwich, Conn. 1971 ( Fawcett Crest Books, zuerst ca. 1964)

Kichern (3)  Das Gefühl, wenn etwas passt. Das ist manchmal nur ein Moment, in dem alles aufgeht und es klick macht. Ich hatte mal einen Professor, ein toller Mathematiker, der stand oft vor uns Studenten ganz versunken an der Tafel, schrieb. Dann begann er plötzlich zu kichern. Denn er wusste schon, dass alles aufgehen wird, und er freute sich. - Albrecht Beutelspacher, Die Welt vom 23. Oktober 2007

Kichern (4)  Herr Jungmann kicherte auf — es war ungewiß, was ihn gekitzelt hatte — oder vielleicht hatte ihn das qui pro quo Pimkos an ein Kabarett erinnert, das seinerzeit in Warschau unter diesem Namen existierte — er platzte mit einem endgültigen, klein-ingenieurhaften, hinterhöfigen, makabren und mimischen Gekicher heraus. Er platzte heraus und — wütend auf Pimko wegen seines eigenen Gekichers — sprang er mit einem Satz auf ihn zu, und klein, arrogant, ingenieurchenhaft patschte und klatschte er ihm in die Schnauze. Er klatschte - und erstarrte, außer Atem, den Arm in der Luft. Er wurde ernst und steif. Ich holte mir Jacke und Schuhe aus meinem Zimmer und zog mich langsam an, ohne die Situation aus den Augen zu verlieren.

Dem Geohrfeigten kam ein Gegurgel aus der Kehle, es hatte ihm den Atem verschlagen; doch ich bin überzeugt, daß er im Grunde der Seele dankbar war für die Ohrfeige, die ihn irgendwie klassifizierte. - (fer)

Lachen
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Schmusetuch