eschichte, wahre  Henri erzählte Fitzgerald, er sei der Sohn eines reichen Pariser Kaufmanns namens de Rougemont. Seine Mutter habe ihn als Kind in die Schweiz mitgenommen, wo er eine besondere Begabung für Geologie und Ringkämpfe entwickelte. Um einer militärischen Laufbahn in Frankreich zu entgehen, war er zu Reisen in den Orient aufgebrochen. Er ging in Batavia an Bord eines holländischen Perlenfischerschoners und war der einzige Überlebende, als der Schoner sank. De Rougemont strandete auf einem Korallenriff, wo er vor lauter Langeweile auf Schildkröten ritt und sich ein Haus aus Perlmuttschalen und ein Kanu baute (welches wie das von Robinson Crusoe dermaßen schwer war, daß er es nicht bis zum Strand hinunterziehen konnte).

Nach mehreren gescheiterten Versuchen betrat er am Golf von Cambridge das australische Festland, heiratete eine pechschwarze Frau, die Yamba hieß, und lebte dreißig Jahre lang unter den Eingeborenen. Er ernährte sich wie sie von Yamwurzeln, Schnecken und Engerlingen (aber niemals von Menschenfleisch!) und nahm an ihren Wanderungen, Jagden, Kriegen und Mondscheintänzen teil. Dank seiner Begabung für den Ringkampf wurde er ein Stammesheld und stieg zum Stammeshäuptling auf. Erst nach Yambas Tod beschloß er, sich wieder zur weißen Zivilisation durchzuschlagen. In Kimberley stieß er auf eine Gruppe von Goldgräbern.

Mr. Fitzgerald rühmte sich seiner guten Nase für erlogene Geschichten. Er fand, de Rougemont erzähle seine Geschichte so «wie ein Mann eine Busfahrt beschreiben würde» und war von ihrer Echtheit überzeugt.  - (pat)

Geschichte, wahre (2)  Der Freund, der mich beim Vögeln immer zum Reden brachte, wollte natürlich nicht nur meine Fantasien, sondern auch wahre Geschichten hören. Ich musste ihm Namen sagen, Orte beschreiben, ihm genau schildern, wie oft wir es trieben. Wenn ich mich an eine neue Bekanntschaft erinnerte und nicht sehr exakt erzählte, fragte er schnell: »Hast du mit ihm geschlafen?« Sein Interesse galt nicht nur den sexuellen Dingen, wie: »Welche Farbe hatte seine Eichel, als du die Vorhaut zurückgezogen hast? Braun? Rot?  Hast du ihm den Arsch gewichst? Mit der Zunge? Den Fingern? Wie viele Finger hast du ihm in den Arsch gesteckt?« Er legte auch Wert auf banale Dinge, die ich in einer bestimmten Situation oder Umgebung vorfand. »Wir waren in einer leer stehenden Wohnung in der Rue Beaubourg, der Teppichboden war mit Schafen gemustert, er hat mich gleich genommen, auf einer Matratze, die da herumlag.« Oder: »Er ist Rausschmeißer bei der Show von Johnny Halliday. Ich habe die ganze Show von einer Ecke der Bühne aus gesehen, es war, als hätte ich Lautsprecher im Unterleib. Wir sind mit dem Motorrad zu ihm gefahren, die Harley hatte keinen Rücksitz mehr, der Rahmen schnitt mir in die Möse. Als wir schließlich bumsten, war ich schon so offen wie eine aufgeplatzte Pampelmuse.« - Catherine Millet, Das sexuelle Leben der Catherine M. München 2001
 
 

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