Geburtsort   o maman, meine Sonne der Abwesenheit, ich werde der toten Götter zwischen dir und mir nicht achten, näherkommen, um endlich in meinen Geburtsort zu blicken, in mein Geburtsloch zu blicken, näher um in meine Nation zu blicken. Weiber, ich werde euch eure Väter wegnehmen. Ach, um endlich durch diese trübe Brille zu blicken, durch dieses Gitter hindurch. Ach, um mir das kochende Monokel einer Vulva aufs Auge zu drücken. Um sehen zu lernen, um mich zu erkennen in euch. Um das Blut zu sehen, euer Blut, das mir in der Milchstraße meiner Adern weitergewachsen ist, um die Nerven zu sehen, die in meinen Hirnwindungen menstruieren. Um den Tod zu riechen, der mich schwarz zu punktieren beginnt. Um das Zucken des Genius zu sehen, der auf der flüssigen Bahn deines Dunkels ins Freie zu schlüpfen vorhat. Nein, ich will nicht mehr warten, ich will mir das Auge nicht für immer zudrücken mit dir. Nicht nur mein Atem soll hinstreifen über die Kraft deiner Schenkel, mein Atem, der schon einmal in dir zu atmen lernte. Auch das Auge will dich zurück, das durch dich zu sehen lernte. Das Auge will sich andrücken. An deine Wasserpflanzen, an das Loch deiner Wut. An den schönen Kern deiner Seele, an die Gosse deiner Fäkalien. An die krepierte Bombe in deinem Fleisch. Den Zweigen deines Geäders nach ... um dich nicht mehr vegetarisch vergleichen zu müssen, dein Haar fliegt nicht in den Bäumen, du bist nicht in Blumen, nicht in Obst und Gemüse, das in den Mülltonnen fault ... deinen Hügeln nach, um dich nicht mehr animalisch vergleichen zu müssen, o Wölfin ... damit mir endlich der weiche Schlag deiner Sinne in den Rachen wächst ... nicht um zu töten, nur darum, daß ich dich endlich menschlich und weiblich vergleichen kann, o Schöpferin ... ach, um dich nicht mit deinem Schweigen vergleichen zu müssen, mit deiner Unsichtbarkeit, mit deiner Geruchlosigkeit, mit deiner mörderischen Reinheit.   - (hilb2)

Geburtsort (2)

Geburtsort (3)   Ich wünschte, ich wäre auf dem Mond geboren oder auf irgendeinem der Planeten, (ausgenommen Jupiter oder Saturn, weil kaltes Wetter hab' ich nie vertragen) denn es hätte mir wohl auf keinem schlimmer ergehen können (allenfalls für die Venm möchte ich nicht einstehn) als auf diesem nichtswürdigen Unflat von einem Planeten, - von dem ich, auf Ehr' und Gewissen, mit Verlaub gesagt, glaube, er ist aus dem Hächsel und Hader der übrigen zusammengebacken; — nicht daß der Planet an sich nicht leidlich gut wäre, gesetzt, ein Mann würde mit einem großen Titel oder einem großen Besitz darauf geboren; oder möchte es irgendwie bewerkstelligen, in öffentliche Ämter und in würdige oder einflußreiche Stellungen berufen zu werden; - doch so ist's um mein' Sach' nicht bestellt; —— und ergo wird ein jeder gerade so vom Jahrmarkt reden, wie er mit seiner eigenen Bude dort reüssieret; - was mir Anlaß schafft, abermals zu behaupten, daß es eine der allernichtswürdigsten Welten ist, die je fabriziert wurden; — denn ich darf getrost sagen, daß ich von der ersten Stunde, da ich Luft schnappte, bis zu der jetzigen, wo ich fast gar keine mehr bekomme, wegen eines Asthmas, das ich mir in Flandern durch eine gegen den Wind gelaufene Schlittschuhpartie erwarb; — beständig der Spielball der von der Welt sogenannten Dame Fortuna gewesen bin; und wenn ich ihr auch nicht das Unrecht tun und nachsagen will, sie habe mir jemals irgendein großes oder außerordentliches Unglücks aufgebürdet; — so muß ich ihr doch bei aller Lammfrommheit von der Welt das Zeugnis ausstellen, daß mir diese ungnädige Dame in jeder Lage meines Lebens, an jeder Biegung und in jedem Winkel, wo sie mich nur erwischen konnte, einen solchen Packen von erbärmlichen Mißgeschicken und Widerwärtigkeiten an den Hals geworfen hat, als nur je ein kleiner HELD erdulden mußte. -  Laurence Sterne, Leben und Ansichten von Tristram Shandy, Gentleman. Frankfurt am Main 2010
 
 

Geburt Ort

 

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