Garten der Lüste   Es war Hassan I Sabbah, der zynisch bemerkte (und viele illuminierte Wesen, wie etwa die Lamas in Tibet, stimmten darin mit ihm überein), daß die meisten Menschen gar keinen Ehrgeiz oder die Kapazität besäßen, besondere geistige und intellektuelle Unabhängigkeit zu erlangen. Daraufhin reorganisierte er die Ismaeliten auf eine Weise, die Schmalspur-geistern erlaubte, sie sogar ermutigte, in den niederen Rängen oder Stufen zu verbleiben.

Die Werkzeuge seines Unternehmens waren der berühmte «Garten der Lüste» in seiner Burg auf Alamout (eine perfekte Nachbildung des Paradieses nach dem Koran, mit, den schönsten und willigsten Huris, die der Prophet den Gläubigen versprochen hatte) - und eine gewisse magische chemische Substanz. Die Adepten der niedersten Stufe wurden nach Alamout gebracht, dort erhielten sie von dem wunderbaren Gebräu und wurden für ein paar Stunden in den Garten der Lüste geschickt. Sie kamen anschließend wieder heraus und waren überzeugt, daß sie wirklich den Himmel erlebt hatten und daß Hassan i Sabbah der mächtigste Heilige Mann auf der ganzen Welt sei. Weiterhin waren sie überzeugt, daß, wenn sie allen Befehlen gehorchten, selbst wenn es sie ihr Leben kosten sollte, sie nach ihrem Tod ins Paradies zurückkehren würden.

Diese Männer wurden die ersten «Sleeper Agents» in der Geschichte internationaler Politik. Während die drei miteinander im Streit liegenden Hauptreligionen des Nahen Ostens jener Zeit (Christentum, Zionismus und der orthodoxe Islam) sich darin einigten, daß es eine unverzeihliche Sünde sei, seinen eigenen Glauben zu verleugnen, lehrte Hassan, daß Allah solchen kleinen Notlügen vergeben würde, dienten sie einem guten Zweck. So konnten sich seine Agenten als Christen, Juden oder orthodoxe Moslems ausgeben und nach Belieben jeden Hof, jeden heiligen Orden und jede Armee infiltrieren. Da die anderen Religionen an oben genanntes Verbot gebunden waren, konnten die Ismaeliten diese nicht infiltrieren.

Der Einsatz dieser Agenten als Mörder wird an verschiedenen Stellen unseres Romans erwähnt, und Weishaupts Auffassung, daß Hassan das «moralische Äquivalent zu Krieg« gefunden hatte, ist ein interessanter Kommentar. Hassan mußte nie eine Armee aufs Schlachtfeld schicken, und Armeen, die man gegen ihn aussandte, wurden schon rasch durch den unerwarteten Tod ihrer Generäle gestoppt.

Einer von Hassans Nachfolgern war Sinan, der das Hauptquartier der Assassinen von Alamout nach Messiac verlegte und (oder auch nicht) jenen Brief über Richard Löwenherz verfaßt haben mag. Wie Zeitgenossen behaupteten, erstaunte Sinan durch das Vollbringen von wunderbaren Heilungen; er unterhielt sich mit unsichtbaren Wesen und nie sah man ihn essen oder trinken oder die Funktionen des Unnierens und Exkrementierens ausführen. Auch schrieb man ihm die Fähigkeit der Telepathie zu sowie das Töten von Tieren durch bloßes Anstarren. Er war es (und nicht Hassan i Sabbah, wie in vielen populären Büchern berichtet wird), der zwei der niederen Mitgliedern des Ordens befahl, Selbstmord zu begehen, um einen besuchenden Gesandten mit seiner Macht zu beeindrucken. (Die beiden gehorchten, indem sie sich von der Burgmauer in die Tiefe stürzten.) Sinan unternahm auch Versuche, in eine Allianz mit den Tempelrittern zu treten, um beide, die orthodoxen Christen und die orthodoxen Moslems, aus der Arena zu treiben, beide Versuche schlugen offensichtlich fehl.

Trotz ihres mächtigen Spionage- und Politmordnetzes wurden die Hashishim schließlich vernichtet, als der gesamte Mittlere Osten von den Mongolen überrannt wurde, die von so weit her kamen, daß sie nicht hatten infiltriert werden können.   - (ill3)

Garten Lust

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