isschrank   »Was haben Sie mit dem Ehemann gemacht?«

»Er sitzt hier im Eisschrank.«

Er verbesserte sich, denn das war ein Ausdruck, den nur seine Inspektoren verstanden. Wenn man nicht wußte, was man mit einem Zeugen machten sollte, ihn aber nicht wegschicken wollte, oder wenn man einen Verdächtigen vor sich hatte, den man nicht verhaften konnte, da einem noch die Beweise fehlten, steckte man ihn in den ›Eisschrank‹.

Man sagte ihm, während man ihn in das verglaste Wartezimmer führte, das an dem langen Korridor lag: »Warten Sie einen Augenblick auf mich.«

Ständig saßen dort Leute, die warteten. Frauen, von denen manche weinten und sich die Augen mit ihrem Taschentuch betupften, junge Männer, die sich bemühten, arglos zu erscheinen, manchmal Leute, die geduldig stundenlang die hellgrün gestrichenen Wände betrachteten und sich fragten, ob man sie vielleicht vergessen habe.

Ein oder zwei Stunden im Eisschrank genügten oft, die Leute gesprächig zu machen. Zeugen, die fest entschlossen gewesen waren, nichts zu sagen, wurden zugänglicher.

Es kam vor, daß man sie länger als einen halben Tag ›vergaß‹, und sie blickten zur Tür und erhoben sich jedesmal halb, wenn der Bürodiener erschien, in der Hoffnung, daß sie endlich an die Reihe kämen.

Sie sahen die Inspektoren in der Mittagszeit fortgehen, nahmen allen Mut zusammen und fragten: »Weiß der Kommissar bestimmt, daß ich hier bin?«

»Er ist immer noch in einer Konferenz.«

Da er nicht wußte, wohin mit ihm, hatte Maigret Ricain in den Eisschrank gesteckt.

Für den Untersuchungsrichter übersetzte er: »Er ist im Wartezimmer- Georges Simenon, Maigret und der Dieb. München 1980 (Heyne Simenon-Kriminalromane 107, zuerst 1967)

 

Kälte

 

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