iche,
deutsche
Vor dem großen Dorfkneipensterben in der 70er Jahren hätte man die nächste Runde
getrost darauf wetten können, in jeder beliebigen größeren Landgemeinde eine
Gaststätte mit dem Namen »Zur Linde« oder »Zur Eiche« (oft mit dem Zusatz «Deutschen«)
finden zu können. Das zahlenmäßig etwa gleiche Vorkommen dieser populären
Lokalbezeichnungen werten Volkskundler als einen von vielen Hinweisen auf die
Unfähigkeit der deutschen Seele bei der Festlegung auf einen National-baum.
Unentschieden wechselt sie zwischen dem weichen, licht-poetischen Lindenbaum
und der knochenharten, eher düsteren Eiche. Die Eichenarten, die in
Deutschland am häufigsten vorkommen, sind die Stieleiche (Quercus robur)
und die ihr ähnelnde Traubeneiche (Quercus petraea), beide mit charakteristisch
gelappten harten Blättern. Die widerstandsfähigen und langsam wachsenden Bäume
waren bereits den Germanen heilig. Die deutsche Nationalbewegung
des 19. Jahrhunderts benutzte Eiche, Eichenlaub und die aus Eichenlaub gefertigte
Bürgerkrone als Sinnbilder für Volk und Einheit. Wenig später hatten die Deutsche
Eiche und ihr Laub vor allem auf jenen Sachgebieten eine Symbolfunktion, auf
denen Deutschen eine ebenso ausgeprägte wie problematische Kompetenz nachgesagt
wird: beim Militär- und Finanzwesen. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870/71
wurden unzählige patriotische Friedenseichen im frisch gegründeten Neu-Reich
gepflanzt. Die meisten dieser Militärsieg-Bäume sind inzwischen, vor allem
weil sie Straßenerweiterungen im Wege standen, verschwunden. - (
pflan
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