eute    Im Jägerlatein ist dieser Fisch eine gern gesehene Beute, denn seine Ausmaße können für mitteleuropäische Verhältnisse gigantisch sein. Um ihn zu fangen, braucht der Angler eine Spezialrute, die dickste Schnur und große Köder. Ursprünglich war der Raubfisch in ganz Europa verbreitet, von Holland bis zum Aralsee in Rußland. In der Antike ist er auch bei uns nachgewiesen: Der Römer Ausonius zählt in einem Katalog 14 heimische Flußfische der Mosel auf, darunter auch den hier gesuchten. Vermutlich kannten die genußsüchtigen Römer ihn vor allem als Delikatesse, denn das weiße Fleisch ist fest und grätenlos.

Nach glaubhaften Überlieferungen sollen ausgewachsene Exemplare unter günstigen Bedingungen über drei Meter lang werden, doch in unseren Breiten erreichen sie allenfalls zweieinhalb Meter. In den Kochtopf gelangen nur die Jüngeren, die immerhin auch schon einen Meter messen.

Besonders schön ist dieser Riese wahrhaftig nicht: der Mund zu breit, die Augen zu klein, die Farbe eher düster und unansehnlich, blauschwarz oder grünlich-schwarz, dazu ist er nackt, das heißt schuppenlos. Mit seinem breiten Maul verschlingt er, was ihm in die Quere kommt: große Fische, Frösche, Wasserratten und sogar Wasservögel. Auch Aas verschmäht er nicht. Wegen seines enormen Speisezettels schätzen Berufsfischer ihn nicht allzusehr, aber inzwischen ist er aus Mangel an geeigneten Laichplätzen schon recht selten geworden.

Wenn er sich bewegt, dann nur ruhig und überwiegend am Grunde des Gewässers. Und am liebsten nachts. Da er die Dunkelheit so liebt, nimmt es nicht wunder, daß er stehende und schlammige Gewässer mag, auch wenn sie schlecht durchlüftet sind.  - (nat)

Beute (2) In einem wohletablierten Nabokov-Museum, so hofft man, werde sich nach und nach dann auch einiger Hausrat der Familie Nabokov einfinden, etwa jene beiden Ölbilder, die eine Bürgerin dem Museum versprochen hat: Als Nabokov nicht mehr tabu war und sie im Fernsehen zufällig eine Sendung über ihn sah, wurde ihr klar, daß ihr lange verstorbener Großvater Nabokovs Petersburger Hausmeister Ustin gewesen war, jener Mann, der gleich nach dem Weggang der Familie die roten Revolutionäre zum Wandsafe geführt und sich dann selber aus dem Hausrat bedient hatte. Anders als der Diener Ossip, der von den Bolschewisten erschossen wurde, weil er sich einige Fahrräder persönlich angeeignet hatte, kam Ustin davon und konnte seine Beute auf einer Datscha bei Wyriza in Sicherheit bringen. Er starb, als während des Kriegs eine vereinzelte Fliegerbombe seinen Luftschutzkeller traf. Den größten Teil seiner Habe teilten sich die Nachbarn. - Dieter E. Zimmer, Kommentar zu (nab)

Beute (3) An den Stellen, wo die Kanonade hingewirkt, erblickte man großen Jammer: die Menschen lagen unbegraben, und die schwer verwundeten Tiere konnten nicht ersterben. Ich sah ein Pferd, das sich in seinen eigenen, aus dem verwundeten Leibe herausgefallenen Eingeweiden mit den Vorderfüßen verfangen hatte und so unselig dahin hinkte.

Im Nachhausereiten traf ich den Prinzen Louis Ferdinand, im freien Felde, auf einem hölzernen Stuhle sitzend, den man aus einem untern Dorfe heraufgeschafft; zugleich schleppten einige seiner Leute einen schweren, verschlossenen Küchschrank herbei; sie versicherten, es klappere darin, sie hofften einen guten Fang getan zu haben. Man erbrach ihn begierig, fand aber nur ein stark beleibtes Kochbuch, und nun, indessen der gespaltene Schrank im Feuer aufloderte, las man die köstlichsten Küchenrezepte vor, und so ward abermals Hunger und Begierde durch eine aufgeregte Einbildungskraft bis zur Verzweiflung gesteigert. - (goe)

Beute (4)  Es war im Spielsaal in Deauville, und mir gegenüber saß ein schöner Mann mit weißem Haar und einem noch sehr jungen Gesicht, der Marquis d'Enanches. Warum waren wir plötzlich Konkurrenten? Jedesmal, wenn er Bankhalter war, spielte ich allein gegen ihn, und er tat das gleiche, wenn ich Bankhalter war. Dabei erhöhten wir stets den Einsatz, so daß wir schließlich um ziemlich hohe Summen spielten.

Die anderen waren praktisch vom Spiel ausgeschlossen, und um den Tisch herumstehende Neugierige verfolgten unser Duell. Da erschien eine junge Frau in einem schlichten schwarzen Kleid mit prachtvollem Brillantschmuck. Sie stellte sich hinter den Marquis und bückte sich, um ihn auf die Wange zu küssen. Er drehte sich lächelnd um und drückte ihr die Fingerspitzen. Ich war sicher, daß sie ein Liebespaar waren. Plötzlich kam mir der Gedanke, sie ihm auszuspannen. Aus Trotz im Grunde, als ob ich mir damit beweisen wollte, was ich vermochte. Das hat eine Woche gedauert, und ich habe sie schließlich nur dadurch erobert, daß ich von Ehe sprach.

Ich habe sie also geheiratet, und drei Jahre lang hat sie mich überall dorthin geführt, wo sie verkehrte.

»Entschuldigen Sie, meine Liebe, aber ich werde häufiger in Paris  sein müssen, wo meine Geschäfte mich  festhalten. Seit ich Sie kenne, habe ich sie nur allzusehr vernachlässigt.. .« Wir haben uns nie geduzt. Es hat nie eine wirkliche Intimität zwischen uns gegeben. »Warum haben Sie das nicht früher gesagt ?« Sie blickte mich mit großen erstaunten Augen an. »Ich glaubte Ihnen eine Freude damit zu machen . . .« Daraufhin  hat  sie  ganz  selbstverständlich  vorgeschlagen,   uns scheiden zu lassen, und das haben wir auch getan. Sie hat keinerlei materielle Ansprüche gestellt. - Georges Simenon, Der Haselnußstrauch. Köln 1970 (zuerst 1969)

Beute (5)  

- Roland Topor

Beute (6)   Im Mittelpunkt der Beschwörungen und aller übrigen Akte des Jivaro-Festes steht das Tsantsa, der erbeutete und zum Schrumpfkopf präparierte Kopf des Feindes. Sein Geist hält sich immer in der Nähe des Kopfes auf, er ist höchst gefährlich. Auf jede Weise sucht man ihn zu bändigen; sobald es gelungen ist, ihn dienstbar zu machen, ist er von großem Nutzen. Er sorgt dafür, daß die Schweine und die Hühner, die man besitzt, sich vermehren; durch ihn vermehren sich die Maniok-Knollen. Er bringt jeden Segen, den man sich in Form von Vermehrung wünschen kann. Es ist aber nicht leicht, ihn ganz zu versklaven. Anfänglich ist er voller Rachsucht; und es ist gar nicht auszudenken, was er einem alles antun könnte. Doch die Zahl der Riten und Observanzen, deren man sich bedient, um seiner Herr zu werden, ist ganz erstaunlich. Das Fest, das mehrere Tage dauert, endet damit, daß man den Kopf und den Geist, der zu ihm gehört, vollkommen in seiner Gewalt hat.

Betrachtet man das Tsantsa vom Standpunkt unserer vertrauteren Kriegssitten aus, so muß man sagen, daß er für das steht, was wir die Beute nennen. Um den Kopf zu gewinnen, geht man in den Krieg; er ist die einzige Beute. Aber so klein diese Beute schließlich aussieht, besonders wenn sie bis zur Größe einer Orange eingeschrumpft ist, so enthält sie doch alles, worauf es einem ankommt. Dieser Kopf verschafft einem alle Vermehrung, die man sich wünscht: die der Tiere und Pflanzen, von denen man lebt, die der Gegenstände, die man selber herstellt, und schließlich die der eigenen Leute. Es ist eine unheimlich konzentrierte Beute. - (cane)

Raubtier Räuber Gewinn
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