Baumklang  Plötzlich, unter dem Einfluß wilder Ängste, schärften sich meine Sinne, so daß ich die verschiedenen Baumarten allem an dem Rauschen der Zweige erkennen konnte. Welche Tiefe in dem klangvollen Baß der Tannen, deren dichtes und festes Nadelwerk riesige Fiedeln bildete; höher der Ton der langen und biegsamen Rasierpinsel der Kiefern, die auch einen pfeifenden Laut hervorbrachten, der das Fauchen von tausend Schlangen nachahmte; das trockene Rascheln der Birkenzweige, das Kindheitserinnerungen weckte, eine Mischung aus brennenden Schmerzen und erwachender Sinnlichkeit; das Rascheln von Laub, das noch an den Eichen saß und sich anhörte wie zerknülltes Papier, das Flüstern des Wacholders, das beinahe das Wispern von Frauen nachahmt, die sich etwas ins Ohr flüstern, der dumpfe Laut der Erlen, wenn ein von Kätzchen beschwerter Zweig im Wind zerbrach. Ich wäre in der Lage gewesen, einen Kiefernzapfen allem durch das Geräusch des Aufpralls auf die Erde von einem Tannenzapfen zu unterscheiden. Allein am Geruch erkannte ich die Nähe eines Pilzes, und meine Zehennerven, so erschien es mir, konnten den Druck des Bärlapps von dem des gewöhnlichen Haarmooses unterscheiden. Von meinen feinnervigen Sinnen geleitet, erreichte ich die Friedhofsmauer und überkletterte die Feldsteige. Dort erfreute ich mich an der Musik der Trauerweiden, die mit ihren Gerten die unter ihnen stehenden Grabkreuze peitschten. Und schließlich erreichte ich, durchgefroren und bei jedem unerwarteten Geräusch zitternd, die Ortschaft, in der brennende Kerzen den Weg zum Hotel absteckten.    - (plaed)
 
 

Baum Klang

 

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