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reise
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Arbeitsloser (2) Randel hatte Hunger, Hunger wie ein Tier, einen Hunger wie Wölfe, wenn sie Menschen anfallen. Er streckte die Beine, um weniger Schritte zu machen, und mit schwerem Kopf, sausendem Blut in den Schläfen, die Augen rot, der Mund trocken, packte er seinen Stock fester in der dunklen Begier, mit aller Kraft auf den erstbesten einzuschlagen, der des Wegs käme, um zu seiner Abendsuppe heimzukehren.
Er musterte die Feldränder, vor Augen das Bild von Kartoffeln im umgepflügten Boden, die er ausbuddeln könnte. Hätte er ein paar gefunden, er hätte Holz gesammelt, im Graben ein kleines Feuer gemacht und mit dem heißen, runden Gemüse gute Mahlzeit gehalten, aber zuerst hätte er sie, noch glühend, eine Weile in seine kalten Hände genommen.
Aber die Zeit war vorüber, und er mußte wie vortags eine rohe Futterrübe kauen, die er aus einer Furche riß.
Seit zwei Tagen redete er, von seinen Gedanken besessen, beim Marschieren laut vor sich hin. Bisher hatte er kaum gedacht, hatte all seinen Geist, seine einfachen Fähigkeiten fast nur an die berufliche Tätigkeit gewendet. Aber jetzt kam alles zusammen, die Müdigkeit, diese erbitterte Suche nach einer unfindbaren Arbeit, die Abweisungen, die Rausschmisse, die Nächte unter freiem Himmel, der Hunger, die Verachtung der Einheimischen gegenüber dem Landstreicher, diese Tag für Tag gestellte Frage: »Warum bleiben Sie nicht, wo Sie hergekommen sind?«, der Kummer, seine tüchtigen Arme nicht beschäftigen zu können, die er voller Kraft fühlte, die Erinnerung an die Familie, die auch keinen Sou mehr hatte - und all das erfüllte ihn allmählich mit langsam wachsendem Zorn, der sich mit jedem Tag, jeder Stunde, jeder Minute verstärkte und ihm ungewollt in kurzen murrenden Sätzen auf die Lippen kam.
Während er über die Steine stolperte, die unter seinen nackten Füßen rollten, knurrte er: »So ein Elend ... so ein Elend ... Saubande ... lassen einen Menschen vor Hunger krepieren ... einen Zimmermann ... Saubande ... keine vier Sous ... keine vier Sous ... jetzt fängt's auch noch an zu regnen ... Saubande!«
Er empörte sich über die Ungerechtigkeit des Schicksals und warf es den Menschen vor, allen Menschen, daß die Natur, die große blinde Mutter, ungerecht, wild und verräterisch ist.
Wieder knurrte er durch die Zähne: »Saubande!«, da er zur Stunde des Abendessens
den dünnen grauen Rauch von den Dächern aufsteigen sah. Und ohne daran zu denken,
daß dies auch eine Ungerechtigkeit wäre, eine menschliche, nämlich Gewalttat
und Raub, wäre er am liebsten in eines der Häuser gestürzt, hätte die Bewohner
erschlagen und sich an ihrer Statt an den Tisch gesetzt. - (
nov
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Arbeitsloser
(3)
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