Gedichte auf Ansichtskarten
Gedichte des Alltags
Ein Grammophon hört man unter den Fenstern spielen: das
sind die Gedichte auf Ansichtskarten; wie eine Tasse Tee
sie dir Wärme zuspülen, wenn das Herz will in Trauer veralten.
Seife
Wie das Herz der Mutter löst die Seife jede Trübigkeit,
duftet als im Gärtchen Rosen duften, schäumt wie Liebe,
birst wie Leid.
Zucker
Zucker, Schneeglöckchen der Küche, das Eis im Mai der
Tasse bald ist verwichen, Vision zertauchend im Wachen, flüchtige
Süße, Süße der Alltagssiebensachen.
Schuhkreme
Der weiße Terrorist schwarz in der Seele ist, der Mohr
prangt in weißen Helligkeiten, die Dame macht fest das
falsche Gebiß und lächelt und lächelt alle Zeiten.
Sind Sie spät nachts aus der Bar gekommen, soll ich
Ihnen nun die Schuhe polieren? Lassen Sie sich getrost
den Boulevard bekommen, es ist ja nicht alles Gold, was
Lichter umzieren.
Wiegengabe
Gedicht aus Kirschenkompott angemacht, Samstag früh
bin ich zur Welt erwacht, mit neuem Besen fegte man den
Himmel rein, der Storch sprach: Sollst im Herzen Mädchen
sein.
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