ilder, edler   Um von seinen Fähigkeiten eine Probe anzuführen, darf ich nur erwähnen, daß er es im Schachspiel sehr weit gebracht. Er konnte aber seine Aufmerksamkeit nicht besonders auf Sachen richten, die ihm und seinen Landsleuten bey seiner Rückkehr hätten nützlich werden können: die Mannigfaltigkeit der Gegenstände verhinderte ihn daran. Keine allgemeine Vorstellung unseres civilisirten Systems wollte ihm in den Kopf; und folglich wußte er auch die Vorzüge desselben nicht zum Nutzen und zur Verbesserung seines Vaterlandes anzuwenden. Schönheit, Symmetrie, Wohlklang und Pracht bezauberten wechselsweise seine Sinne; diese wollten befriedigt seyn, und er war gewohnt, ihrem Ruf zu gehorchen. Der beständige Schwindel des Genusses ließ ihm keinen Augenblick Zeit, auf das Künftige zu denken; und da er nicht von wahrem Genie belebt war, wie Tupaia, der an seiner Stelle gewiß nach einem festgesetzten Plan gehandelt hätte, so blieb sein Verstand immer unbebauet. Zwar mag er wohl öfters gewünscht haben, von unserm Ackerbau, unsern Künsten und Manufacturen einige Kenntniß zu bekommen; allein es fand sich kein freundschaftlicher Mentor, der diesen Wunsch zu befriedigen, ja was noch mehr, der seinen moralischen Character zu verbessern, ihm unsre erhabnen Begriffe von Tugend, und die göttlichen Grundsätze der geoffenbarten Religion beyzubringen gesucht hätte. Nachdem er fast zwey Jahre in England zugebracht, die Blattern-Impfung glücklich überstanden hatte, kehrte er unter Führung des Capitain Cook, der im Julius 1776 auf dem Schiffe Resolution von neuem aus Plymouth abseegelte, wieder nach Tahiti zurück. Bey dieser Gelegenheit zeigte sichs, daß, aller der sittenlosen Vergnügungen ohnerachtet, denen er in unserm geselligen Welttheil nicht hatte ausweichen können, die guten Eigenschaften seines Herzens doch noch unverderbt geblieben waren. Beym Abschiede von seinen Freunden entflossen ihm Thränen; und sein ganzes äußeres Betragen verrieth eine große Gemüthsbewegung. Man überhäufte ihn bey seiner Abreise mit einer unsäglichen Menge Kleider, Zierrath und andern Kleinigkeiten, dergleichen täglich zu Befriedigung unsrer erkünstelten Bedürfnisse erfunden werden. Seine Beurtheilungskraft war noch kindisch; daher verlangte er auch, wie ein Kind, nach allem, was er sahe, und vorzüglich nach Dingen, die ihn durch irgend eine unerwartete Wirkung vergnügt hatten. Diese kindischen Triebe zu befriedigen, (denn aus bessern Absichten konnte es wohl nicht geschehen) gab man ihm eine Dreh-Orgel, eine Elektrisir-Maschine, ein Panzer-Hemd und eine Ritter-Rüstung. Vielleicht erwarten hier meine Leser, daß er nebst diesen auch einige Dinge von wahrem Nutzen für seine Insel mitgenommen. - Ich erwartete eben dasselbe, allein meine Hoffnung ward getäuscht! Sein Vaterland wird von den Engländern keinen Bürger zurücknehmen, dessen erweiterte Kenntniß, oder mitgebrachte brauchbare Geschenke, ihn zum Wohlthäter, vielleicht zum Gesetzgeber seines Volks machen könnten. In Ermangelung dessen können wir uns jedoch einigermaßen damit trösten, daß das Schiff, auf welchem er zurück geschickt worden, den harmlosen Tahitiern ein Geschenk von Hornvieh bringen soll. Diese guten Leute müssen ohnfehlbar durch die Einführung von Ochsen und Schaafen auf ihrer fruchtbaren Insel, glücklicher werden.  - (for)
 

Wilde Fabelmenschen

 

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